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Wenn der Briefträger nichts zustellt: Keine Bekanntgabefiktion bei planmäßig ausbleibender Postzustellung

08.12.2025

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass diegesetzliche Bekanntgabevermutung dann entkräftet ist, wenn innerhalb der Fristan mindestens zwei Tagen keine Post zugestellt und am dritten Tag nur die Postvom ersten zustellfreien Tag nachgeliefert wird. Was dabei zu beachten ist,erklärt der Bund der Steuerzahler (BdSt) Rheinland-Pfalz.

Die Entscheidung des BFH vom 29.07.2025 (VI R 6/23) präzisieredie Voraussetzungen der so genannten Bekanntgabefiktion. Das Urteil beziehe sichnoch auf die alte Fiktion von drei Tagen. Laut BdSt ist daher zu beachten, dassseit dem 01.01.2025 die Zugangsfrist für die Bekanntgabevermutung von drei aufvier Tage verlängert wurde. Dies berücksichtige die verlängerten Postlaufzeitenund verändere die Frist für die fiktive Bekanntgabe von Verwaltungsakten, soder Steuerzahlerbund.

Im zugrunde liegenden Fall habe das Finanzamt eineEinspruchsentscheidung einem privaten Postdienstleister übergeben, der jedochim Gewerbegebiet des Prozessbevollmächtigten des Steuerzahlers nur von Dienstagbis Freitag zustellt. Das Finanzamt habe den Brief mit derEinspruchsentscheidung am Freitag, dem 28.01.2022, aufgegeben. Damit wäredieser nach der Fiktion am 31.01.2022 zugegangen und wirksam geworden. DasFinanzgericht habe die Klage des Steuerzahlers vom 03.03.2022 wegenFristversäumnisses abgewiesen. Der Steuerzahler habe jedoch argumentiert, dassdie Einspruchsentscheidung erst am 03.02.2022 eingegangen sei und er die Klagefristwahrend eingelegt habe.

Laut BdSt war die Beschwerde beim BFH erfolgreich. Dieser habedie Entscheidung aufgehoben und die Sache zur erneuten Beurteilung zurückverwiesen.Er habe klargestellt, dass die Voraussetzungen für eine Bekanntgabefiktion nurdann vorliegen, wenn ein typischer und zuverlässiger Geschäftsablauf derPostzustellung gegeben ist. Liegen jedoch erhebliche Zweifel an einer zeitnahenZustellung vor – hier konkret durch die unregelmäßige Zustellung desbeauftragten Postdienstleisters –, so sei die gesetzliche Vermutung entkräftet.

Wichtig sei, so der BdSt, dass der Steuerzahlersubstantiiert darlegen muss, dass die Zustellung nicht innerhalb derBekanntgabefrist erfolgte. Ein bloßes Bestreiten genüge nicht. Sichergestelltsein müsse, dass die Pflicht zu einem substantiierten Tatsachenvortrag nichtdazu führt, dass die gesetzlich vorgesehene Beweislast der Behörde unzulässigauf den Steuerzahler übergeht.

Im vorliegenden Fall hätten die vorgelegten Umstände genügt,dass keine Zustellung an den zustellfreien Tagen erfolgte, um dieBekanntgabefiktion zu entkräften. In Anbetracht der Sachlage sei es für denSteuerzahler auch belanglos gewesen, dass sein Prozessbevollmächtigter imbetreffenden Jahr weder ein Posteingangsbuch geführt noch den Briefumschlag derEinspruchsentscheidung aufbewahrt habe. Der Briefumschlag habe allenfalls alsNachweis für die Aufgabe der Einspruchsentscheidung dienen können.

Der Entscheidung misst der BdSt Rheinland-Pfalz praktischeBedeutung für Steuerberater zu. Diese sollten bei Zustellung durch privatePostdienstleister künftig genau prüfen, ob die Postlaufzeiten die gesetzlicheBekanntgabevermutung stützen – insbesondere, wenn Zustellungen an bestimmtenTagen systematisch ausfallen. Das Urteil verdeutliche, dass dieBekanntgabevermutung bei strukturell beeinträchtigter Postzustellung nichtautomatisch greift, und stärke das Recht von Steuerzahlern auf tatsächlichenZugang in einer nachvollziehbaren Frist, informiert der Steuerzahlerbund.

Bund der Steuerzahler Rheinland-Pfalz e.V., PM vom05.12.2025

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