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Taser-Einsatz bei Bundespolizei: Experten nicht grundsätzlich dagegen
Beim Einsatz von Tasern sollte größtmögliche Zurückhaltunggeübt werde. Das haben Experten bei einer öffentlichen Anhörung des Bundestags-Innenausschussesüberwiegend geraten. Ein grundsätzliches Nein gab es indes nicht, als sich dieFachleute mit dem Vorhaben der Bundesregierung zur Einführung vonDistanz-Elektroimpulsgeräten (DEIG) – den so genannten Tasern – bei derBundespolizei befassten. Auf der Tagesordnung stand der Entwurf eines "ErstenGesetzes zur Änderung des Gesetzes über den unmittelbaren Zwang bei Ausübungöffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes" (BT-Drs. 21/1502).
Anja Bienert, Amnesty International – Dutch Section,widersprach nicht grundsätzlich einer selektiven Ausrüstung mit DEIG. Diesemüsse jedoch aufgrund einer ausreichend begründeten operativen Notwendigkeitsowie einer gesetzlichen Grundlage mit besonderem Augenmerk auf dieGeeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit erfolgen. Taser seienextrem gefährliche Waffen. Eine Verharmlosung der Geräte als unbedenklich odernur unwesentliche Verletzungen hervorrufend berge das Risiko eines stetigzunehmenden Gebrauchs mit im Laufe der Zeit immer größerer Wahrscheinlichkeittödlicher Ausgänge. Der DEIG-Einsatz dürfe ausschließlich zur Vermeidung desSchusswaffeneinsatzes zulässig sein. Vollzugsbeamte und die entsprechendenBehörden müssten über die Anwendung von DEIG umfassend Rechenschaft ablegen.Dies solle auch gesetzlich normiert werden.
Thomas Feltes, Strafverteidiger und Gutachter, erklärte,unstrittig sei, dass Taser töten könnten. Ihr Einsatz eskaliere in bestimmtenFällen die Situation statt sie zu entschärfen. Die Geräte sollten seinerMeinung nach nur bei Personen eingesetzt werden dürfen, von denen eineunmittelbare lebensbedrohende Gefahr ausgeht. Taser dürften niemals beiPersonen eingesetzt werden, die sich beispielsweise passiv der Verhaftungwidersetzten oder lediglich verbal aggressiv seien. Eine entsprechende Regelungsei in das Gesetz aufzunehmen. Der Gebrauch sollte nur dann zulässig sein, wennauch der Schusswaffeneinsatz zulässig wäre, aber durch den Einsatz eines Tasersvermieden werden könne. Wenn DEIG-Geräte eingeführt würden, müsse damit eineobligatorische Bodycam-Aktivierung verbunden sein.
Rüdiger Lessig vom Universitätsklinikum Halle (Saale) legtedar, beim Einsatz von DEIG solle ein elektrischer Impuls dafür sorgen, dass esin den betroffenen Muskeln zu unwillkürlichen Kontraktionen und damit zurHandlungsunfähigkeit komme. Verletzungen durch die zwei eindringenden undfixierten Elektroden bewirkten normalerweise keine weiteren etwa operativeMaßnahmen. Schwerwiegende Verletzungen seien allerdings möglich, wennbeispielsweise Gesicht oder Genital getroffen würden. Risiken könnten dannbestehen, wenn es schwerwiegende, insbesondere kardiale Vorerkrankungen gebe.Auch könnten psychische Erkrankungen zu schwerwiegenden Komplikationen führen.In der Literaturdatenbank habe er keine belegten Todesfälle gefunden. FürHandlungsanweisungen wäre es nach Meinung des Rechtsmediziners hilfreich, eineEKG-Untersuchung des Opfers vorzuschreiben, damit keine eventuellenHerzrhythmusstörungen übersehen würden.
Andreas Roßkopf, Gewerkschaft der Polizei, begrüßte, dassein rechtssicherer Rahmen für den DEIG-Einsatz nach der langjährigenErprobungsphase geschaffen werden solle. Die Geräte schlössen diesicherheitstaktische Lücke zwischen Pfefferspray mit Wirkung auf vier bis sechsMeter, dem nur für kurze Distanz geeigneten Schlagstock, dem Taser mit Wirkungauf zehn bis 13 Meter und der Schusswaffe. Allerdings entspreche dievorgesehene Einordnung als Waffe nicht dem sachlich besten Weg. Er empfehle dieEinordnung als Hilfsmittel der körperlichen Gewalt. Dies erlaube eineflexiblere und differenzierte Prüfung der Verhältnismäßigkeit. DEIGverursachten im Gegensatz zu Schusswaffen in der Regel nur geringe körperlicheBeeinträchtigungen. Schwere gesundheitliche Schäden träten sehr selten auf. Erschlug quartalsmäßige Schulungen an Tasern vor und sprach sich für eineDokumentation der Einsätze aus.
Heiko Teggatz, Deutsche Polizeigewerkschaft –Bundespolizeigewerkschaft, befand, die DEIG-Erprobung in den Dienststellen derBundespolizei sei als durchweg erfolgreich anzusehen. Das sichtbare Mitführendieses Geräts habe dazu geführt, dass Gewalteskalationen gegenüber Polizistenstark zurückgegangen seien. Die Einführung der DEIG bei der Bundespolizei seirichtig. Die Notwendigkeit bestätigten sämtliche Erfahrungsberichte, die demBundesinnenministerium während der Erprobungsphase vorgelegt worden seien. Dievorgesehene Einstufung als Waffe sei kaum zu belegen und aus seiner Sicht eherein Politikum. Angemessen wäre nach seiner Auffassung die Einstufung alsHilfsmittel der körperlichen Gewalt.
Marc Wagner, Professor an der Hochschule des Bundes füröffentliche Verwaltung, wies darauf hin, dass DEIG von der Polizei insämtlichen Bundesländern und in Deutschlands Nachbarländern genutzt würden. 14Bundesländer stuften sie gesetzlich zutreffend und materiell-rechtlich zwingendals Waffe ein. Schwere gesundheitliche Folgen nach einem Taser-Einsatz seienmöglich, aber selten. Das Gesetzesvorhaben sei zu begrüßen, weil es einediametrale Abkehr von der bisherigen rechtsgrundlosen exekutiven Zulassung alsHilfsmittel der körperlichen Gewalt zur Folge habe. Er empfahl, um Tests inZukunft rechtssicher zu machen, folgende Einfügung in das entsprechende Gesetz:"Einsatzmittel, die Hilfsmittel der körperlichen Gewalt oder Waffendarstellen, können zur Anwendungserprobung zeitlich befristet vomBundesministerium des Innern zugelassen werden."
Deutscher Bundestag, PM vom 13.10.2025