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Nießbrauchrecht: Wirtschaftsgut im Sinne der Abgabenordnung?

04.10.2023

Mit (weitgehend parallelen) Urteilen hat das Finanzgericht (FG) Schleswig-Holstein darüber entschieden, ob ein Nießbrauchrecht ein Wirtschaftsgut im Sinne des § 39 Abgabenordnung sein kann, sowie ferner darüber, welche Merkmale die Bejahung einer Mitunternehmerschaft im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) prägen. Schließlich hat das FG auch Stellung dazu genommen, welche Umstände bei der Frage nach dem Vorliegen eines Gesellschaftsverhältnisses im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG heranzuziehen sind.

Beiden Verfahren lag in tatsächlicher Hinsicht ein gesellschaftsrechtliches Firmenkonstrukt zugrunde, das sich vor allem dadurch auszeichnete, dass der Kläger zu 1. an verschiedensten Stellen der mehrstöckigen Personengesellschaft beteiligt war. Die Beteiligung war dabei sowohl wirtschaftlicher Natur (etwa als Kommanditist) als auch dienstvertraglich geregelt, indem der Kläger zu 1. etwa Geschäftsführer verschiedener Gesellschaften war. Hieraus sowie aus den verschiedenen vertraglichen Grundlagen in den einzelnen Verhältnissen resultierte für den Kläger zu 1. (unstreitig) ein maßgeblicher und umfassen der Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaften und damit schließlich auf den wirtschaftlichen Erfolg der Untergesellschaft, der Klägerin zu 2.

Nachdem der Kläger zu 1. durch Übertragung seiner Kommanditanteile an der Untergesellschaft auf seine Söhne nicht mehr unmittelbar an den Erträgen der Untergesellschaft beteiligt war, sich aber gleichzeitig ein 70prozentiges Nießbrauchrecht daran einräumen ließ, das wirtschaftlich letztlich wieder ihm zufließen sollte, war zu klären, wie diese Beteiligungsverhältnisse (ertrag)steuerrechtlich in Bezug auf die Untergesellschaft zu bewerten sind.

Das FG bestätigte den von dem Finanzamt erlassenen Feststellungsbescheid. Es hat insbesondere die Auffassung des Finanzamts bestätigt, dass der Kläger zu 1. nach der Übertragung der Kommanditanteile auf seine Söhne weiterhin als Mitunternehmer bei der Untergesellschaft anzusehen sei. Hierzu hat das FG festgestellt, dass auch der Nießbrauch an einem Kommanditanteil als Wirtschaftsgut einzuordnen sei. Weiter wurde der Begriff der Mitunternehmerschaft im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ausführlich definiert und dabei – auch anhand der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – besonderer Wert auf die Unterscheidung zwischen den kumulativ erforderlichen Merkmalen "Mitunternehmerinitiative" und "Mitunternehmerrisiko" auf der einen Seite und den Regelkriterien, die diese beiden Merkmale ausfüllen und gerade nicht stets kumulativ vorliegen müssen, auf der anderen Seite gelegt.

Vor allem für das Bestehen des Mitunternehmerrisikos müssten nicht alle Bestandteile der Erfolgsteilhabe beziehungsweise Risikoteil habe gleichzeitig bestehen, so das FG. Eine etwaige unterschiedlich starke Ausprägung müsse in der wertenden Zusammenschau betrachtet werden, was im zu entscheidenden Fall insbesondere das fehlende Verlustrisiko unbeachtlich erscheinen lasse. Schließlich stellte das FG klar, dass für die Frage nach dem Vorliegen eines Gesellschaftsverhältnisses im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG sämtliche Umstände und auch Rechtsbeziehungen der Beteiligten innerhalb des Unternehmenskonstrukts in den Blick genommen werden könnten und sogar müssten.

Der BFH hat die Revision zugelassen. Die Revisionsverfahren sind dort unter den Aktenzeichen IV R 36/22 und IV R 37/22 anhängig.

Finanzgericht Schleswig-Holstein, Urteile vom 17.02.2023, 3 K 41/21 und 3 K 42/21

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