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Mehrwertsteuersenkung in der Gastronomie: Experten uneins

17.10.2025

Die von der Bundesregierung geplante Senkung derMehrwertsteuer in der Gastronomie auf Speisen wird kontrovers beurteilt.

In einer öffentlichen Anhörung des Bundestags-Ausschussesfür Tourismus am 15.10.2025 begrüßte Professor Justus Haucap vom DüsseldorfInstitute for Competition Economics die geplante Senkung von 19 auf siebenProzent ausdrücklich. "Dass die steuerliche Vergünstigung von Speisenjeglicher Art zum Mitnehmen (selbst aus hochpreisigen Restaurants) und zugleichdie höhere Besteuerung von Speisen zum Verzehr vor Ort in ganz einfachenRestaurants sozialpolitisch besonders treffsicher ist, dürfte wohl niemandglauben", so Haucap. Er könne sich zudem eine Reduzierung des Steuersatzesauf Getränke vorstellen. Gaststätten hätten auch eine soziale Funktion,erinnerte Haucap.

Ingrid Hartges vom DEHOGA Bundesverband bezeichnete denvollen Steuersatz von 19 Prozent auf Speisen als eine immenseWettbewerbsverzerrung. Eine Senkung der Steuer sei für die Betriebe sehrwichtig. Sie sprach außerdem von enormen Kostensteigerungen, die die Brancheverkraften müsse. "Es wird für viele Betriebe daher immer schwerer,wirtschaftlich zu arbeiten. Die Zukunftsängste und Existenzsorgen nehmen zu."2025 werde für die Branche das sechste Verlustjahr in Folge sein: "Umsätzesinken, Kosten explodieren." So hätten die Preissteigerungen lautStatistischem Bundesamt im August 2025 allein bei Nahrungsmitteln 27,2 Prozent,bei Energie 27,4 Prozent und bei alkoholfreien Getränken 35,6 Prozent gegenüberJanuar 2022 betragen. Die Arbeitskosten im Gastgewerbe seien im zweiten Quartal2025 um 37,4 Prozent gegenüber dem ersten Quartal 2022 gestiegen. DieInsolvenzzahlen seien weit höher als in anderen Branchen. Dabei seienGaststätten die "öffentlichen Wohnzimmer" und sozialeBegegnungsstätten der Gesellschaft. Ohne sie funktioniere auch kein Tourismus.

Der geplanten Steuersenkung ablehnend gegenüber stehthingegen Professor Dominika Langenmayr von der Katholischen UniversitätEichstätt-Ingolstadt. Eine dauerhafte Absenkung der Mehrwertsteuer auf Speisenauf sieben Prozent komme einer Subvention gleich, mit fiskalischen Kosten vonüber 3,6 Milliarden Euro pro Jahr. Besonders stark gefördert durch dieSteuersenkung würden umsatzstarke Betriebe wie beispielsweise Systemgastronomiein Großstädten. Traditionelle Gaststätten im ländlichen Bereich profitierten relativwenig. Um diese Betriebe zu fördern, wären andere Instrumente notwendig. Zudemwerde die Entlastung allenfalls teilweise bei den Konsumenten ankommen,erklärte Langenmayr unter Berufung auf Untersuchungen in anderen Ländern.

Auch Mark Baumeister von der GewerkschaftNahrung-Genuss-Gaststätten lehnt die Steuersatzsenkung ab, da damit wenigerGeld für die sozialstaatliche Aufgabenerfüllung zur Verfügung stehe. Kritischäußerte sich Baumeister auch zur Forderung der DEHOGA nach Erleichterungen fürdie Anwerbung von Arbeitskräften aus dem Ausland. So würden zunehmend jungeMenschen aus Vietnam mit dem Versprechen, eine qualitativ hochwertigeAusbildung im Gastgewerbe in Deutschland zu erfahren, angeworben undausgebeutet. Eine Abschaffung des Achtstundentages wurde abgelehnt: "DerBranche insgesamt würde eine Umstellung auf eine wöchentliche Betrachtung derArbeitszeit massiv schaden", so Baumeister in seiner Stellungnahme.

Daniel Plasch (Clubkommission, Netzwerk der BerlinerClubkultur) wies auf die Bedeutung der Clubkultur für den Tourismus in Berlinhin. 23 Prozent der Berlin-Besucher würden wegen der Clubs anreisen. Clubs undNachtleben seien ein wichtiger Standortfaktor. Herausforderungen für die Clubsseien aber gestiegene Kosten. Während die Gastronomie von einerMehrwertsteuersenkung auf Speisen profitieren würde, hätten die Clubs nichtsdavon. Plasch forderte eine Einbeziehung der Clubs in die Steuersenkung.

Deutscher Bundestag, PM vom 15.10.2025

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