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DIHK: EU-Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten verschieben und gründlich nachbessern
Die Europäische Union will mit der neuen EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) weltweit Entwaldung und Waldschädigung reduzieren. Das soll verhindern, dass bestimmte Rohstoffe und daraus hergestellte Produkte aus entwaldeten Waldflächen auf den europäischen Markt gelangen. Die gewerbliche Wirtschaft unterstützt dieses Ziel – doch die aktuelle Ausgestaltung gefährdet funktionierende Lieferketten und stellt viele Unternehmen vor kaum lösbare Aufgaben.
Schon in wenigen Monaten soll die neue Verordnung in Kraft treten. Dann müssen Unternehmen mit Sitz in der EU den Nachweis erbringen, dass ihre Produkte einschließlich ihrer Bestandteile nicht von Flächen stammen, die nach dem 31. Dezember 2020 entwaldet worden sind. Unter diese Nachweispflicht fallen relevante Rohstoffe wie Rindfleisch, Palmöl, Soja, Kaffee, Kakao, Holz und Kautschuk sowie zahlreiche daraus hergestellte Erzeugnisse wie Schokolade, Cappuccino und Zeitungen.
Hierfür sind entlang der gesamten Lieferkette Geodaten zu erfassen und umfangreiche Sorgfaltspflichten zu erfüllen. Gerade kleine und mittlere Unternehmen verfügen oft nicht über die nötigen Ressourcen, um diese komplexen Nachweise zu erbringen. Erschwerend kommt hinzu, dass einige wichtige Handelspartner – darunter China – teilweise die Herausgabe der geforderten Geodaten verweigern. Die Folge: Es drohen Lieferengpässe oder sogar Importstopps.
Fünf Monate vor Geltungsbeginn der Verordnung wird in Brüssel, in den Mitgliedstaaten und Drittstaaten noch kontrovers über die Umsetzung und mögliche Anpassungen der EUDR diskutiert. Der Zeitdruck ist enorm: Ab Ende 2025 sollen die neuen Vorschriften gelten – was Zigtausende Unternehmen allein in Deutschland im Herbst wiederholt mit Unsicherheit und mangelnder Planungssicherheit konfrontieren würde. Eine erneute Verschiebung dieses Termins ist deshalb dringend geboten. Bereits im vergangenen Jahr wurde der Start – wie auch von der DIHK gefordert – um zwölf Monate verschoben. Angesichts der weiterhin offenen Fragen ist ein weiterer Aufschub notwendig. Gleichzeitig sollte die Zeit genutzt werden, um die Verordnung grundsätzlich auf Wirksamkeit und Praxistauglichkeit zu überprüfen und entsprechend anzupassen.
Aus Sicht der gewerblichen Wirtschaft braucht es eine grundlegende Überarbeitung der EUDR, bevor sie angewendet werden kann. Dabei sollten die Berichtspflichten deutlich vereinfacht werden. Dies entspricht der EU-Binnenmarktstrategie von Mai 2025, die komplexe Vorschriften als eines der zehn größten Hemmnisse im Binnenmarkt identifiziert und gezielt abbauen will.
Folgende Vorschläge könnten aus Sicht der DIHK für mehr Praxistauglichkeit sorgen:
Verschiebung des Geltungsbeginns
Einführung einer Null-Risiko-Kategorie für Länder ohne relevantes Entwaldungsrisiko – darunter die EU-Mitgliedstaaten. Produkte, die in diesen Ländern gewonnen, hergestellt oder gehandelt werden, sollten grundsätzlich nicht unter die Verordnung fallen. Gerade innerhalb der EU stellen Entwaldung und Waldschädigung nicht das Hauptproblem dar, das die EUDR adressieren will.
Anwendung des Once-Only-Prinzips: Wenn der Inverkehrbringer nachgewiesen hat, dass das Produkt entwaldungsfrei und legal erzeugt wurde, sollte dies auch für alle weiteren Handelsstufen gelten. Stattdessen entstünde nach aktueller Ausgestaltung der Verordnung ein Kaskadeneffekt an Prüf- und Dokumentationsschritten: Zunächst müsste der Importeur von Kakaobohnen eine Sorgfaltserklärung digital erstellen und beim Verkauf eine Referenznummer an die Schokoladenfabrik geben. Die Fabrik müsste diese prüfen und für die fertige Schokoladeeine neue Erklärung zum Weiterverkauf an einen Supermarkt erstellen. Der Supermarkt kann nach einer Prüfung auf die Daten der Fabrik-Erklärung verweisen, muss im Anschluss aber ebenfalls eine eigene neue Erklärung erstellen.
Einführung eines Übergangsjahres mit Testcharakter ohne Sanktionen, um Erfahrungen zu sammeln – ähnlich wie beim CO₂-Grenzausgleich (CBAM).
Alternativen zur Geolokalisierungspflicht zulassen, bis sich praxistaugliche Verfahren etabliert haben.
Einführung von De-minimis-Schwellen für geringe Mengen, um unverhältnismäßigen Aufwand zu vermeiden.
Nachhaltigkeit und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit dürfen sich nicht ausschließen, schreibt die DIHK. Um beides zu sichern, muss die EU den hohen Anspruch der EUDR mit praxisnahen, rechtssicheren und verhältnismäßigen Lösungen verbinden. Nur so lassen sich Lieferketten entwaldungsfrei gestalten, ohne den internationalen Handel auszubremsen.
DIHK, Mitteilung vom 18.08.2025