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Arbeitnehmer wegen Befristung diskriminiert: Tarifvertragsparteien keine primäre Korrekturmöglichkeit einzuräumen
Nach § 4 Absatz 2 desTeilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) dürfen Arbeitnehmer nicht wegen ihresbefristeten Vertrags benachteiligt werden. Der Norm liegt EU-Recht zugrunde.Deswegen gilt im Fall einer Diskriminierung: Der betroffene Arbeitnehmer hatdirekt einen Anspruch darauf, so behandelt zu werden, wie ein vergleichbarerDauerbeschäftigter. Den Tarifvertragsparteien steht laut Bundesarbeitsgericht(BAG) keine primäre Korrekturkompetenz zu, das heißt, ihnen ist zuvor nicht dieMöglichkeit zur Korrektur ihrer diskriminierenden Regelung einzuräumen.
Geklagt hatte einZusteller in einem Logistikbetrieb. Er war zunächst befristet beschäftigt, dannwurde er unbefristet angestellt. Kurz bevor er unbefristet angestellt wordenwar, hatten die Tarifvertragsparteien vereinbart, dass für alleArbeitsverhältnisse, die nach einem bestimmten Zeitpunkt neu gegründet werden,eine längere Gruppenstufenlaufzeit gilt. Das bedeutet, dass ein Beschäftigterlängere Zeit innerhalb einer bestimmten Entgeltgruppe und -stufe verbringenmuss, bevor er in die nächste Stufe aufsteigt. Unbefristet angestellt wordenwar der Zusteller nach dem vereinbarten Stichtag.
Das BAG hatentschieden, dass er unter die Neuregelung im Tarifvertrag fällt, ihn dies aberwegen der Befristung diskriminiert. Die Regelung verstoße gegen den Unionsrechtumsetzenden § 4 Absatz 2 TzBfG. Die von der Arbeitgeberin dargelegten Gründefür die Ungleichbehandlung rechtfertigen diese Ungleichbehandlung nicht. DieTarifbestimmung sei insoweit teilnichtig. Der Zusteller habe deshalb nach § 612Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch in Verbindung mit § 4 Absatz 2 Sätze 3 und 1TzBfG ebenso wie die vergleichbaren am Stichtag unbefristet beschäftigtenArbeitnehmer Anspruch auf Beibehaltung der kürzeren Gruppenstufenlaufzeiten.
Das BAG betont,dies habe entscheiden zu können, ohne den Tarifvertragsparteien zuvorGelegenheit zur Beseitigung der Diskriminierung zu gewähren. Denn denTarifvertragsparteien sei im Anwendungsbereich unionsrechtlich überformterDiskriminierungsverbote – anders als bei Verletzungen des allgemeinenGleichheitssatzes des Artikels 3 Absatz 1 Grundgesetz (GG) – keine primäreKorrekturmöglichkeit einzuräumen. Artikel 3 Absatz 1 GG entfalte im Unterschiedzu unionsrechtlich überformten Diskriminierungsverboten keineAbschreckungsfunktion.
Bundesarbeitsgericht,Urteil vom 13.11.2025, 6 AZR 131/25