
Stellungnahme zum Referentenentwurf einer Siebte Verordnung zur Änderung steuerlicher Verordnungen
Wir bedanken uns für die Möglichkeit der Stellungnahme zum o. g. Referentenentwurf. Mit der Mantelverordnung sollen zahlreiche steuerliche Verordnungen geändert werden. Zu einigen Änderungen nehmen wir folgend Stellung.
Artikel 2 – Änderung der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV)
Änderung § 8 EStDV
Wir begrüßen und unterstützen ausdrücklich, dass der Wert für Grundstücke nach über 20 Jahren verdoppelt und vereinfacht werden soll.
Aus unserer Sicht sollte zumindest klargestellt werden, dass die Homeofficepauschale bei häuslichen Arbeitszimmern dennoch gilt.
Zudem müsste für Bestandsfälle geregelt werden, dass eine ertragsteuerliche neutrale Entnahme möglich ist.
Petitum: Wir empfehlen, die Klarstellungen aufzunehmen, dass die Homeofficepauschale anwendbar und eine einkommensteuerliche neutrale Entnahme in den Bestandsfällen möglich ist.
Änderungen §§ 9b und 11c EStDV
Der vorliegende Entwurf sieht einschneidende Änderungen vor, die insbesondere die Nachweismöglichkeiten bei der Restnutzungsdauer und der Kaufpreisaufteilung von Immobilien erheblich einschränken würden. Damit wird die bisher geltende Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes zudem eingeschränkt. Es handelt sich faktisch um eine Nichtanwendungsverordnung. Allerdings können wir die Notwendigkeit dieser Einschränkung hier nicht erkennen. Die Rechtsprechung hat den Eigentümern zugestanden, einen fachlich versicherten Nachweis für die Restnutzungsdauer einer Immobilie zu erbringen. Die Begründung, dass es vereinfachend ist, nunmehr Einschränkungen vorzunehmen, greift aus unserer Sicht nicht.
Arbeitshilfe zur Kaufpreisaufteilung
Grundsätzlich ist es notwendig, beim Kauf einer Immobilie den Wert des Gebäudes und des Grund und Bodens zu ermitteln. Dafür muss der Kaufpreis aufgeteilt werden. Bisher stellt die Finanzverwaltung hierfür eine Arbeitshilfe zur Verfügung.
Mit der Änderung von § 9b Abs. 1 EStDV wird zum einen die BMF-Arbeitshilfe als qualifizierte Schätzung festgeschrieben und zum anderen die Anforderungen an die Genauigkeit der damit zu berechnenden Ergebnisse deutlich erhöht.
Im Gegensatz zur aktuellen Version der BMF-Arbeitshilfe, die bis dato lediglich von einem vorläufigen Vergleichswert und einem vorläufigen Ertragswert ausgeht, müssten in der nächsten, entsprechend anzupassenden Version der BMF-Arbeitshilfe demzufolge analog zum bisherigen Sachwertverfahren ebenfalls marktangepasste vorläufige Vergleichs- und Ertragswerte ermittelt werden.
Aus unserer Sicht können ansonsten weder die Vorgabe nach § 9b Abs. 2 Satz 1 EStDV, dass die Arbeitshilfe des BMF „unter Berücksichtigung der Grundsätze nach Absatz 1“ zu erfolgen hat, noch der Anspruch nach § 9b Abs. 2 Satz 2 EStDV, dass es „sich um eine qualifizierte Schätzung handelt“, erfüllt werden.
Die Festschreibung als "qualifizierte Schätzung" setzt voraus, dass diese auf Fachwissen und Erfahrung basiert. Eine qualifizierte Schätzung wird von Experten erstellt, die über spezifisches Wissen und Kenntnisse in einem bestimmten Bereich verfügen. Im Bereich der Immobilienbewertung sind dies u. a. Lage inkl. Mikrolage, Zustand inkl. Ausstattung, Modernisierungsgrad, Investitions- und Reparaturbedarf o. ä., Größe der Mietfläche und andere Faktoren. Diese Faktoren ergeben die Möglichkeit, qualifiziert einzuschätzen oder zumindest die Plausibilität, die Richtigkeit und die Marktkonformität von übermittelten Objektunterlagen sowie von Angaben von Behörden sowie von den Steuerpflichtigen überprüfen und ggf. anpas-sen bzw. korrigieren zu können.
Mit der Änderung in § 9b Abs. 1 EStDV wären im Gegensatz zur aktuellen Version der BMF-Arbeitshilfe nunmehr auch die individuellen Eigenschaften und Gegebenheiten des jeweiligen Bewertungsobjekts und somit die „etwaigen besonderen objektspezifischen Grundstücksmerkmale“ zu berücksichtigen. Eine qualifizierte Schätzung der dafür jeweils erforderlichen Zu- und Abschläge dürften demzufolge nur durch einen entsprechend aus- bzw. weitergebildeten Bausachverständigen erfolgen. Alles andere wäre lediglich eine bloße Berechnung anhand von typisierten Bewertungsverfahren anhand von durchschnittlichen Festsetzungen und durchschnittlichen Veröffentlichungen des Gutachterausschusses, wie z. B. Vergleichswerte bzw. -faktoren, Liegenschaftszinssätze, Sachwertfaktoren u. v. m., mit deutlich geringerem Genauigkeitsanspruch als bei einer qualifizierten Schätzung.
Sofern es bei der Finanzverwaltung aufgrund der Vielzahl an derartigen Kauffällen p. a. bundesweit nicht umsetzbar sein sollte,
• jede Kaufpreisaufteilung anhand einer qualifizierten Schätzung eines Bausachverständigen der Finanzverwaltung unter Berücksichtigung der Grundsätze nach § 9b Abs. 1 durchzuführen,
• jeden anhand der BMF-Arbeitshilfe berechneten marktangepassten vorläufigen Vergleichs-, Ertrags- und Sachwert selbst auf Plausibilität zu überprüfen und
• sämtliche vorhandenen besonderen objektspezifischen Grundstücksmerkmale der jeweils zu bewertenden Immobilie bzw. entsprechende Zu- oder Abschläge sachverständig ermitteln zu lassen,
sollten im Gegenzug auch der Aufwand und der Umfang einer sachverständigen Begründung als Gegenbeweis zur BMF-Arbeitshilfe nach § 9b Abs. 2 Satz 3 EStDV überdacht und angepasst werden.
Die vorgesehene Änderung würde den Steuerpflichtigen regelmäßig dazu verpflichten, auf eigene Kosten ein Aufteilungsgutachten einzuholen, zumal auch eine ggf. bereits im Kaufvertrag vorgenommene Kaufpreisaufteilung nach Auffassung der Finanzverwaltung mittels der Arbeitshilfe zu „plausibilisieren“ ist. Die bisher günstige Regelung, dass man die Boden- und Gebäudeanteile im notariellen Kaufvertrag vereinbaren kann, soll nun zum Nachteil der Steuerzahler wegfallen. Bisher erkannten die Finanzämter die Aufteilung an, sofern diese Aufteilung nicht grundlegend falsch ist. Dies hatte bisher das Finanzamt darzulegen. In der Praxis waren Gutachten nur in sehr wenigen bzw. in besonders strittigen Ausnahmefällen oder im Rahmen von Klagen erforderlich.
Diese bewährte Verfahrensweise soll nun umgekehrt werden. Die BMF-Arbeitshilfe soll als verbindlich gelten, bzw. die damit jeweils berechneten Boden- und Gebäudeanteile. Wenn der Steuerzahler diese als nicht passend ansieht, kann dieser als einzige Option nur ein teures Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für mindestens i. d. R. 5.000 Euro aufwärts beauftragen und beim Finanzamt einreichen. Es handelt sich faktisch um eine Beweislastumkehr zu Lasten und insbesondere auf Kosten der Steuerzahler.
Aus Gründen der Fairness sollte Eigentümern die Möglichkeit gegeben werden, die BMF-Arbeitshilfe wie bisher anhand einer sachverständigen Darlegung mit vergleichbarem Arbeits- und Zeitaufwand (zwischen ca. 5 bis 60 Minuten), zu widerlegen.
Hierzu könnten zunächst die Objektangaben aus der BMF-Arbeitshilfe übernommen werden, so dass in der Folge nur die davon abweichenden Eigenschaften und Eingaben individuell zu begründen wären sowie anhand von Veröffentlichungen in Grundstücksmarktberichten oder anhand einer sachverständigen Stellungnahme belegt werden müssten. Allein dadurch könnte die Anzahl erforderlicher Gutachten auf besondere bzw. auf schwierig zu bewertende Fälle oder auf Gerichtsaufträge im Rahmen von Klagen bei Finanzgerichten reduziert werden.
Etwa 2.000 vereidigte Sachverständige können bei ca. 400.000 bis 500.000 derartiger Kauffällen p. a. nicht in jedem Fall ein Gutachten zur Kaufpreisaufteilung im Privatauftrag erstatten, da dieser Berufsstand verpflichtet ist, Gutachten in unterschiedlichsten Gerichtsaufträgen, wie z. B. Familien- und Erbangelegenheiten u. v .m., zu übernehmen, und damit bereits gut ausgelastet ist.
Petitum: Die Festlegung, dass die BMF-Arbeitshilfe als qualifizierte Schätzung einzustufen ist und die Vorgaben für eine Widerlegung des Ergebnisses sollten gestrichen werden.
Aufgabe des Gutachters
Zukünftig soll der Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer nach § 7 Abs. 4 S. 2 EStG sowie die Widerlegung der BMF-Arbeitshilfe zur Kaufpreisaufteilung nach § 9b EStDV-neu ausschließlich durch Gutachten öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger geführt werden dürfen. Zur Begründung wird vorgetragen, dass damit vermeintlich „unqualifizierte Gutachten“ ausgeschlossen und die Rechtssicherheit erhöht und zudem das Verwaltungsverfahren vereinfacht werden soll. Diese Ziele begrüßen wir.
Wir halten dennoch die vorgeschlagene Regelung aus folgenden Gründen für bedenklich, unter anderem auch aus verfassungsrechtlichen Grundsätzen und beurteilen diese kritisch.
Die Änderung in § 11c Abs. 1a EStDV enthält einen wesentlichen Widerspruch, der in der Praxis auch aus Haftungsgründen nicht realisierbar ist.
Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken können zwar im Rahmen eines Gutachtens die individuellen Gegebenheiten des jeweiligen Objekts inkl. der maßgeblichen technischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Determinanten berücksichtigen und mögliche Nachnutzungsoptionen erläutern.
Sie sind aber an das Stichtagsprinzip nach der Verkehrswertdefinition nach § 194 BauGB ge-bunden und dürfen somit gem. § 11 Abs. 1 ImmoWertV künftige Änderungen des Grundstückszustands einschließlich der dafür aufzuwendenden Investitions- und Modernisierungskosten o. ä. nur dann berücksichtigen, wenn sie am Qualitäts- bzw. am Wertermittlungsstichtag mit hinreichender Sicherheit aufgrund konkreter Tatsachen zu erwarten sind.
Denn auch ein denkmalgeschütztes Wohnhaus kann zukünftig im Laufe der (Rest-)Nutzungs-dauer u. a. seine Denkmaleigenschaft durch entsprechenden Behördenbeschluss verlieren oder bei einem Brand oder Hochwasser komplett zerstört werden.
Da öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken für die im Gutachten beim Verkehrswert bzw. bei der Restnutzungs-dauer zu berücksichtigenden Objekteigenschaften und Gegebenheiten vollumfänglich verantwortlich sind und dafür ggf. haftbar gemacht werden können, kann dieser Berufsstand am Wertermittlungsstichtag denkbare bzw. potenzielle Nachnutzungsmöglichkeiten im Gutachten zwar ansprechen. Sie können aber ohne konkrete Tatsachen weder die voraussichtliche Dauer bis zum Eintritt dieser Änderung (Wartezeit) noch die verbleibende Unsicherheit des Eintritts dieser Änderung (Realisierungsrisiko) mit hinreichender Sicherheit vorhersagen und dürfen daher aus Haftungsvermeidungsgründen auch keinesfalls darüber spekulieren.
Die Berücksichtigung „einer möglichen Nachfolgenutzung mit hinreichender Bestimmtheit“ bei der vom o. a. Berufsstand zu ermittelnden (Rest-)Nutzungsdauer ist daher nicht realisierbar, so dass dieser Teilaspekt aus § 11c Abs. 1a Satz 2 EStDV herausgenommen werden muss.
Petitum: Wir empfehlen, in § 11c Abs. 1a Satz 2 EStDV die Formulierung „einer möglichen Nachfolgenutzung mit hinreichender Bestimmtheit“ zu streichen.
Qualifizierung des Gutachters
Durch die Einschränkung des Nachweises auf Gutachten von öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen wird eine gesamte Berufsgruppe ausgeschlossen. Zahlreiche Gutachter sind durch die DAkkS-akkreditierte Zertifizierungsstelle DIAZert nach DIN EN ISO/IEC 17024 geprüfte und zertifizierte Sachverständige für Immobilienbewertung. Die betroffene Berufsgruppe hat unter hohen fachlichen und persönlichen Anforderungen ihre Zertifizierung erworben. Viele Sachverständige haben für ihre Zertifizierung erhebliche finanzielle Mittel, Zeit und persönliche Energie investiert.
Eine DAkkS-akkreditierte ISO-Zertifizierung ist nicht vergleichbar mit einer „beliebigen“ Schulungsbescheinigung. Sie ist das Ergebnis eines intensiven Prüf- und Bewertungsprozesses: schriftlicher und mündlicher Fachprüfungen, Bewertung mehrerer vollständiger Mustergutachten, Nachweis umfangreicher Praxiserfahrung sowie der Überprüfung der persönlichen Integrität und Neutralität. Dazu kommt eine ständige Fortbildungs- und Rezertifizierungspflicht. Diese Anforderungen stehen fachlich und methodisch auf gleicher Höhe mit der öffentlichen Bestellung durch die Industrie- und Handelskammern. Mehrere Gerichte, darunter der Bundesfinanzhof (Urteil IX R 14/23) und das Finanzgericht Münster (Urteil 14 K 654/23 E), haben bestätigt, dass die Qualität und Methodensicherheit eines Gutachtens entscheidend ist – nicht allein die Form der Bestellung.
Es ist unbestritten, dass es am Markt auch Zertifizierungsstellen gibt, die nicht nach DAkkS-Standards arbeiten und deren Qualitätsniveau nicht ausreicht.
Doch eine pauschale Streichung aller ISO-zertifizierten Sachverständigen, auch der streng geprüften DAkkS-akkreditierten, bedeutet nicht nur eine Wettbewerbsverzerrung, sondern bedroht Existenzen. Eine solche Regelung würde diese Investitionen entwerten und Betroffene faktisch aus dem steuerlich relevanten Marktsegment drängen, ohne dass dies fachlich gerechtfertigt wäre. Wir meinen, dass der Ausschluss in keinem sachlichen Verhältnis zum Ziel einer besseren Qualitätssicherung steht.
Zudem sehen wir erhebliche Nachteile für die Steuerzahler. Die öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen sind schon heute stark ausgelastet und haben vielfach volle Auftragsbücher. In der Praxis führt das bereits jetzt zu langen Wartezeiten und höheren Kosten. Wenn künftig ausschließlich diese Gutachter für steuerlich relevante Restnutzungsdauergutachten in Frage kommen und alle qualifizierten DAkkS-ISO-zertifizierten Sachverständigen ausgeschlossen werden, wird sich die Lage deutlich verschärfen.
Steuerzahlerinnen und Steuerzahler hätten dann nicht nur weniger Auswahl, sondern müssten auch mit erheblich längeren Bearbeitungszeiten und steigenden Honoraren rechnen. Zudem sehen wir die Gefahr des Verlustes von Steuervergünstigungen, weil Fristen nicht eingehalten werden können. Die Folge sind unnötige Mehrkosten und Rechtsnachteile für viele Eigentümer.
Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH IX R 25/19; IX R 14/23; IX R 12/21) betont ausdrücklich Methodenfreiheit und die Gleichwertigkeit der nach ImmoWertV zugelassenen Bewertungsverfahren. Eine Einschränkung dieser Rechtsprechung ist aus unserer Sicht auch nicht mit Verwaltungsvereinfachung zu begründen. Auch Zivilgerichte stellen klar, dass eine ISO-Zertifizierung gleichgestellt ist. So hat das Landgericht Hechingen (Beschluss vom 19. Juli 2017, Az. 1 OH 19/15) bereits geurteilt, dass eine Zertifizierung nach DIN EN ISO/IEC 17024 einen der öffentlichen Bestellung vergleichbaren Sachkundenachweis darstellt und dieser gleichzusetzen ist. Es sei lediglich eine Ordnungsvorschrift der ZPO, öffentlich bestellte Gutachter vorzuziehen, aber kein zwingender Ausschluss zertifizierter Sachverständiger. Eine Be-schwerde dagegen wurde vom OLG Stuttgart zurückgewiesen. Auch das OLG Düsseldorf (Ur-teil vom 4. Dezember 2012, Az. I-23 U 181/11) bestätigte diese Auffassung in gleicher Weise, indem es die Qualifikation nach ISO 17024 als gleichwertig zur öffentlichen Bestellung ansah.
Verfassungsrechtlich könnten sogar der Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 GG) als auch die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) von der vorgeschlagenen Regelung verletzt sein. Zudem könnte auch die Gewährleistung der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) als zentrale Grundprinzipien des europäischen Binnenmarkts betroffen sein. Eine nationale Regelung, die den Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer oder die Widerlegung der BMF-Arbeitshilfe ausschließlich öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen vorbehält, steht in einem Spannungsverhältnis zu diesen europarechtlichen Grundprinzipien. Sie benachteiligt qualifizierte, in anderen Mitgliedstaaten der EU anerkannte und nach DIN EN ISO/IEC 17024 zertifizierte Sachverständige unverhältnismäßig und widerspricht damit dem Ziel des europäischen Binnenmarkts, Dienstleistungen ohne ungerechtfertigte Beschränkungen erbringen zu können.
Die Berufsanerkennungsrichtlinie 2005/36/EG verpflichtet die Mitgliedstaaten, Berufsqualifikationen aus anderen EU-/EWR-Staaten anzuerkennen, sofern diese im Herkunftsstaat zur selbständigen Ausübung der entsprechenden Tätigkeit berechtigen. Der Europäische Gerichtshof hat wiederholt klargestellt (u. a. in den Rechtssachen C-55/94, Gebhard, und C-215/01, Schnitzer), dass nationale Regelungen, welche die Erbringung von Dienstleistungen durch in anderen Mitgliedstaaten qualifizierte Anbieter erschweren oder behindern, nur zulässig sind, wenn sie auf zwingenden Gründen des Allgemeininteresses beruhen und verhältnismäßig sind.
Diese zwingenden Gründe des Allgemeininteresses für eine generelle Beschränkung auf öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige sehen wir aktuell nicht. Die DIN EN ISO/IEC 17024 kann ein hohes Maß an Qualitätssicherung gewährleisten. Eine solche Einschränkung widerspricht daher sowohl dem Verhältnismäßigkeitsprinzip als auch dem Ziel der Dienstleistungsfreiheit.
Petitum: Wir empfehlen, neben Gutachten von öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen auch Gutachten von qualifizierten DAkkS-ISO-zertifizierten Sachverständigen sowie von Gutachtern mit gleichwertigen internationalen Zertifikaten (z. B. MRICS, REV) zuzulassen. Einheitliche Checklisten und einheitliche Mindestanforderungen an Gutachteninhalte können ebenfalls Vereinfachungen herbeiführen.
Konflikt zur ImmoWertV
Der Referentenentwurf verweist auf die ImmoWertV für die Ermittlung der Restnutzungsdauer. Die ImmoWertV enthält jedoch keine Pflicht zur höchstpersönlichen Ortsbesichtigung durch den Hauptgutachter. Zwar wird die Ortsbesichtigung als Prüfungsschwerpunkt genannt, jedoch nicht als höchstpersönlich durchzuführende Handlung normiert. Maßgeblich ist vielmehr das in der ImmoWertV verankerte Höchstpersönlichkeitsgebot. Dies bedeutet, dass die volle Verantwortung des Sachverständigen für Inhalt und Ergebnis des Gutachtens übernommen wird – unabhängig davon, ob einzelne Ermittlungsschritte, wie die Ortsbesichtigung, durch qualifizierte Hilfspersonen erfolgen.
Auch in der Beleihungswertermittlungsverordnung (BelWertV) ist in § 6 Abs. 1 und 2 ausdrücklich vorgesehen, dass die für die Wertermittlung erforderliche Besichtigung nicht zwingend vom verantwortlichen Gutachter selbst durchgeführt werden muss, sondern durch fachlich geeignete Erhebungsbeauftragte erfolgen kann. Entscheidend ist allein, dass der Gutachter die erhobenen Daten prüft, plausibilisiert und in die Bewertung einfließen lässt.
Aus unserer Sicht besteht keine Rechtfertigung, wenn bei der Immobilienfinanzierung, die unter strengem Aufsichtsrecht (BaFin, PfandBG) steht, eine Besichtigung durch qualifizierte Hilfspersonen zulässig ist, aber für steuerliche Bewertungszwecke nicht.
Eine darüber hinausgehende Sonderregelung im Steuerrecht wäre aus unserer Sicht nicht nur fachlich unbegründet, sondern würde auch ohne Not von den etablierten, gesetzlich anerkannten Bewertungsstandards abweichen.
Petitum: Wir empfehlen, die Einschränkungen bei der Ortsbesichtigung zu streichen.
Rückwirkung
Von besonderer Bedeutung ist schließlich, dass eine rückwirkende Anwendung der Neurege-lung nicht ausgeschlossen wird. Eigentümer haben aber ihre Investitions- und Finanzierungs-entscheidungen auf Grundlage der bisher geltenden Rechtslage getroffen. Eine nachträgliche Änderung würde sie mit unvorhersehbaren Belastungen konfrontieren und stünde im Widerspruch zu den verfassungsrechtlichen Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit.
Petitum: Wir empfehlen klarzustellen, dass die EStDV erst für Kauffälle ab 1. Januar 2026 gilt bzw. anzuwenden ist und bis dahin die bisherigen Vorgehensweisen gelten.
Artikel 3 – Änderung der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung
Änderung § 4 Absatz 2a LStDV
Der Referentenentwurf sieht vor, den Anwendungsbereich für die Digitale LohnSchnittstelle (DLS) zu erweitern. Vorgesehen ist, dass Arbeitgeber zusätzlich zu den nach § 4 Abs. 1 und 2 LStDV und nach § 41 EStG aufzuzeichnenden Daten auch die hierfür mittels Vor- und Nebensysteme ermittelten und verwendeten Daten über die DLS elektronisch bereitstellen müssen.
Die verpflichtende Schnittstellenanbindung einer Vielzahl unterschiedlicher Vor- und Nebensysteme – z. B. elektronische Zeiterfassungs- oder Reisekostenabrechnungssysteme, elektronische Fahrtenbücher – bedeutet für Arbeitgeber einen erheblichen Aufwand und dauerhafte Kosten. Bereits jetzt verlaufen z. B. Prüfungen von elektronischen Fahrtenbüchern unkompliziert- Auf Nachfrage erhalten die Prüfer die angeforderten Auswertungen und können diese ohne großen Zeitverlust auswerten. Die Implementierung in die DLS würde aber aufwändiger werden.
Ein weiteres Beispiel sind pauschal besteuerte Sachverhalte nach § 40 EStG (z. B. Betriebsveranstaltungen), die bei zahlreichen Arbeitgebern außerhalb der Lohnabrechnung aufgezeichnet werden. In diesen Fällen stellt sich die Frage, wie zu verfahren ist, wenn das Vor- bzw. Nebensystem kein marktgängiges System ist (z. B. eine Excel-Datenbank) und somit das geforderte einheitliche Datenformat nicht erzeugbar ist. In diesen Fällen sollte zumindest die Ausnahmeregelung anwendbar sein, wenn die Möglichkeit zur Nachprüfung in anderer Weise sichergestellt ist.
Ein weiterer Aspekt ist das Erfordernis, dass „die Übermittlung der Daten für dieselbe Betriebsstätte zusammengefasst in einem Datenbestand je Haupt-, Vor- und Nebensystem zu erfolgen [hat].“
Unternehmen berichten, dass diese Regelung der Vielfalt und Komplexität in der betrieblichen Entgeltabrechnung nicht gerecht wird. So werden in den Unternehmen oftmals gezielt einzelne Abrechnungskreise und -systeme für unterschiedliche Arbeitnehmergruppen (z. B. Mitarbeiter mit Tarifbindung, außertarifliche Mitarbeiter, leitende Angestellte/Vorstand/ Geschäftsführung, Betriebsrentner) genutzt. In vielen Unternehmen werden Systeme und Daten von komplett unterschiedlichen Einheiten innerhalb des Unternehmens gepflegt und verarbeitet. Bei kleineren und mittelständischen Unternehmen werden Arbeitnehmer in-house mit bestimmten Systemen abgerechnet, während die Geschäftsführung bei einem Steuerberater mit einem anderen System abgerechnet wird.
Bei Unternehmen mit mehreren lohnsteuerlichen Betriebsstätten bestehen komplett unterschiedliche unabhängige Lohnsysteme. Besteht nur ein Finanzbuchhaltungssystem. Diese Betriebsstätten können das gleiche Reisekostensystem haben, oder jeweils ein eigenes System. Teilweise gibt es innerhalb eines Unternehmens auch nicht für jede Arbeitnehmergruppe die gleichen Reisekostensysteme.
Vor dem Hintergrund dieser technischen Vielfalt ist ein erheblicher Umstellungsaufwand mit hohen Kosten zu befürchten. Daher sollten die tatsächlichen Realisierungsmöglichkeiten unter Einbeziehung der Hersteller von Personalabrechnungssoftware grundlegend überprüft werden.
Petitum: Die vorgesehene verpflichtende Erweiterung der DLS sollte unterbleiben. Zumindest sollte jedoch klargestellt werden, dass die Ausnahmeregelungen nach § 4 Abs. 2a Satz 3 und Abs. 3 Satz 1 LStDV anwendbar sind, wenn die Möglichkeit zur Nachprüfung in anderer Weise sichergestellt ist.
Wir bitten Sie, unsere Hinweise in den weiteren Beratungen einzubeziehen. Für weitere Fragen und einen Austausch stehen wir gern zur Verfügung.
Bund der Steuerzahler Deutschland e.V.
20. August 2025