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Tattagprinzip des Fahreignungs-Bewertungssystems: Wird durch Verwertungsverbot überlagert und begrenzt

24.06.2020

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat entschieden, dass das Verwertungsverbot des § 29 Absatz 7 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) das für die Berechnung des Punktestandes maßgebliche Tattagprinzip des Fahreignungs-Bewertungssystems (§ 4 Absatz 5 Satz 5 bis 7 StVG) überlagert und begrenzt. Die Löschung einer Eintragung im Fahreignungsregister, die ein Jahr nach Tilgungsreife erfolgt (so genannte Überliegefrist), habe auch in den Fällen, in denen der Zeitpunkt der Löschung zwar nach dem maßgeblichen Tattag, aber vor dem der Ergreifen einer Maßnahme liegt, zur Folge, dass diese Eintragung nicht mehr zum Nachteil des Betroffenen verwertet werden darf.
Der Kläger wandte sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis auf der Grundlage des Fahreignungs-Bewertungssystems (§ 4 StVG). Mit der Begehung einer weiteren rechtskräftig geahndeten Verkehrsordnungswidrigkeit am 19.07.2015 hatte er einen Stand von acht Punkten im Fahreignungsregister erreicht. Bei einem solchen Punktestand gilt der Betroffene gemäß § 4 Absatz 5 Satz 1 Nr. 3 StVG als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Daraufhin entzog ihm die Beklagte mit Bescheid vom 24.11.2016 die Fahrerlaubnis.
Seine Klage hat das Verwaltungsgericht München abgewiesen. Die Fahrerlaubnisentziehung sei nicht deshalb rechtswidrig, weil die Eintragungen zu mit insgesamt vier Punkten zu bewertenden Ordnungswidrigkeiten zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses bereits zu löschen gewesen seien. Nach § 4 Absatz 5 Satz 5 StVG sei für den Punktestand auf den maßgeblichen Tattag abzustellen; das sei hier der 19.07.2015. Zu diesem Zeitpunkt seien diese Eintragungen noch nicht zu tilgen gewesen. Auf die Berufung des Klägers hat der Verwaltungsgerichtshof Bayern das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich der Fahrerlaubnisentziehung geändert und den Bescheid insoweit aufgehoben. Die Beklagte habe beim Erlass des Bescheides Ordnungswidrigkeiten berücksichtigt, die dem Kläger gemäß § 29 Absatz 7 Satz 1 StVG zu diesem Zeitpunkt wegen ihrer Löschung nicht mehr zur Beurteilung seiner Fahreignung hätten vorgehalten und zu seinem Nachteil verwertet werden dürfen.
Das BVerwG hat das Berufungsurteil bestätigt. Das Verwertungsverbot des § 29 Absatz 7 Satz 1 StVG greife auch bei Eintragungen zu punktebewehrten Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr, die im Fahreignungsregister zwar nicht bis zu dem nach § 4 Absatz 5 Satz 5 StVG maßgeblichen Tattag, aber vor dem Ergreifen der nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem vorgesehenen Maßnahme zu löschen sind. Nach § 29 Absatz 7 Satz 1 StVG habe die Löschung einer Eintragung, die gemäß § 29 Absatz 6 Satz 2 StVG nach Ablauf der Überliegefrist von einem Jahr nach Eintritt der Tilgungsreife erfolgt, ein absolutes Verwertungsverbot zur Folge. Dieses überlagere und begrenze das für die Berechnung des Punktestandes nach § 4 Absatz 5 Satz 5 bis 7 StVG maßgebliche Tattagprinzip. Die entsprechenden Punkte müssten daher unberücksichtigt bleiben.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18.06.2020, BVerwG 3 C 14/19

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