
„Wer Bauprojekte aus dem Ruder laufen lässt und dann die Preise anzieht, hat jedes Recht auf Vertrauen verwirkt.“
Bei den Hamburger Energienetzen laufen immer mehr Projekte finanziell aus dem Ruder.
Das städtische Unternehmen untersteht der Kontrolle der Umweltbehörde.
Der Bund der Steuerzahler Hamburg warnt vor einem strukturellen Kontrollverlust bei der Hamburger Energienetze GmbH.
Bereits im Juni hatte das städtische Unternehmen auf Abendblatt-Anfrage einräumen müssen, dass drei Bauvorhaben auf seinem Firmengelände in Bramfeld deutlich teurer geworden sind als geplant. So kostet allein der als Kupfer-Doppelkubus gestaltete neue Eingangspavillon nun 4,3 statt 2,6 Millionen. Auch ein Parkhaus und ein Bürogebäude werden teurer, sodass für den Umbau des Bramfelder Firmengeländes insgesamt 18 Millionen Euro an Mehrkosten entstehen. Nun zeigt sich: Das ist längst nicht alles. Laut einer Senatsantwort schlägt etwa der Umbau des „Standorts Süd“ jetzt mit 14,6 Millionen zu Buche. Bei Projektbeginn waren für die Sanierung des Firmengebäudes an der Harburger Schloßstraße 6,9 Millionen Euro vorgesehen. Mithin: Die Kosten sind um rund 112 Prozent gestiegen. Auch drei weitere Vorhaben werden deutlich teurer. Der „Neubau Standort West“ kostet nun 26,4 statt der zunächst veranschlagten 18,2 Millionen Euro, was einer Verteuerung um 34 Prozent entspricht. Der Neubau eines Betriebsreservelagers schlägt mit 10,4 statt der geplanten 8,7 Millionen Euro zu Buche (plus fast 20 Prozent). Und die Separierung einer Netzführung wird voraussichtlich 15,4 statt der geplanten 12,0 Millionen Euro kosten (plus 28 Prozent).
Sascha Mummenhoff, Landesvorsitzender des Bund der Steuerzahler Hamburg e.V., kritisiert nach Abendblatt-Bericht die massiven Kostensteigerungen bei der Hamburger Energienetze GmbH.
"Gleich mehrere zentrale Bauprojekte haben sich laut Abendblatt drastisch verteuert. Laut aktueller Senatsantwort (Drs. 23/728, Anlage 2) sind teils massive Kostensteigerungen dokumentiert – zwischen 20 und über 110 Prozent.
So stiegen die Kosten für den Standort Süd von ursprünglich 6,9 auf 14,6 Millionen Euro, was einem Plus von 112 Prozent entspricht. Beim Standort West kletterten die Ausgaben von 18,2 auf 26,4 Millionen Euro. Das Betriebsreservelager kostet statt 8,7 nun 10,4 Millionen Euro, und bei der Separierung der Netzführung stiegen die kalkulierten Ausgaben von 12,0 auf 15,4 Millionen Euro. Das sind keine Einzelfälle mehr, sondern ein systemischer Kontrollverlust. Erst kürzlich machte das Abendblatt weitere Preisexplosionen öffentlich.
Besonders empörend ist der Fall des Empfangspavillons („Kupfer-Kubus“). Die ursprünglich für 2,6 Millionen Euro veranschlagte Eingangshalle soll inzwischen 4,3 Millionen Euro kosten. Das ist kein repräsentativer Bau mehr, sondern ein Mahnmal für Maßlosigkeit auf Kosten der Gebührenzahler. Ein städtisches Unternehmen, das für einen Eingangsbereich derart tief in die Tasche greift, hat den Kompass für wirtschaftliche Verantwortung verloren. Und der Kubus ist nur die Spitze des Eisbergs. Auch ein angrenzende Parkhaus wird mit 20,4 statt 14,7 Millionen Euro deutlich teurer. Ein Mehrzweckgebäude mit Büroflächen, Kantine und Konferenzräumen soll statt 36,3 nun 46,6 Millionen Euro kosten. Zusammengenommen ergibt sich allein aus diesen drei Projekten ein Preisaufschlag von mehr als 17,7 Millionen Euro – und die Projekte sind noch nicht einmal fertiggestellt.
Die Energienetze befinden sich vollständig in städtischem Eigentum. Dass ein solcher Kostenverlauf ohne frühzeitige öffentliche Diskussion oder politische Konsequenzen abläuft, ist nicht hinnehmbar. Besonders problematisch ist die gleichzeitige Ankündigung steigender Netzentgelte für das Jahr 2025. Das bedeutet: Die massiven Baukostenüberschreitungen werden mittelbar über höhere Strom- und Gaspreise auf die Bürgerinnen und Bürger umgelegt. Wer auf der einen Seite die Kontrolle über Millionenprojekte verliert und auf der anderen Seite Gebühren erhöht, sendet ein fatales Signal an die Stadtgesellschaft.
Besonders kritisch ist, dass erneut ein Unternehmen betroffen ist, das unter der Verantwortung des früheren Umweltsenators Jens Kerstan (Grüne) stand. Bereits beim Skandalprojekt VERA II bei Hamburg Wasser hatten sich die Kosten durch mangelnde Steuerung vervielfacht. Der damalige Aufsichtsrat griff nicht ein – und genau diese Passivität zeigt sich nun auch bei den Energienetzen. Die politischen Strukturen versagen erneut dabei, ihre Unternehmen wirksam zu kontrollieren. Hamburgs neue Umweltsenatorin Katharina Fegebank (Grüne) hatte erst vor wenigen Tagen angekündigt, das Thema Transparenz bei öffentlichen Unternehmen künftig stärker in den Blick zu nehmen. Jetzt ist der Moment, diesem Anspruch Taten folgen zu lassen.
Der Bund der Steuerzahler Hamburg fordert eine umfassende Offenlegung aller Projektunterlagen sowie eine Prüfung durch den Landesrechnungshof. Zusätzlich erwartet der Verband eine politische Aufarbeitung im zuständigen Ausschuss und klare Konsequenzen auf Managementebene. Wer Vertrauen in öffentliche Unternehmen zurückgewinnen will, muss auch personelle Verantwortung durchsetzen – nicht irgendwann, sondern jetzt.“
Zum Abendblatt-Bericht:
www.abendblatt.de/hamburg/politik/article409539206/energienetze-kosten-fuer-vier-weitere-projekte-steigen-deutlich.html
"Das ist kein Bauprojekt – das ist ein Mahnmal für Maßlosigkeit"
www.steuerzahler.de/aktuellesaushamburg/news/das-ist-kein-bauprojekt-das-ist-ein-mahnmal-fuer-masslosigkeit/