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Schluss mit dem XXL-Bundestag!

Top News 12.05.2020

Über eine Wahlrechtsreform und Diäten der Politiker: BdSt-Präsident Reiner Holznagel im Interview mit dem Journalisten Andreas Herholz

Herr Holznagel, noch immer keine Einigung auf eine Wahlrechtsreform. Droht jetzt ein noch größerer XXL-Bundestag?

Reiner Holznagel: Wir müssen uns schon jetzt darüber klar sein, dass wir das größte demokratisch gewählte Parlament der Welt haben! Aktuell sitzen im Deutschen Bundestag 709 Abgeordnete, obwohl per Gesetz nur 598 vorgesehen sind. Je nach Wahlergebnis können es demnächst sogar mehr als 800 Abgeordnete werden. Doch seit Jahren streiten sich die Fraktionen in dieser Frage und verschleppen eine dringend nötige Reform des komplizierten Wahlrechts mit seinen Überhang- und Ausgleichsmandaten – sehr zum Nachsehen für Wähler und Steuerzahler. Deshalb haben wir Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble persönlich angeschrieben, um ihn bei der Deckelung der Bundestagsmandate im Wege einer Not-Reform des Wahlrechts zu unterstützen. Auch wir als Bund der Steuerzahler fordern die Faktionen auf, endlich aufeinander zuzugehen, um eine weitere Vergrößerung des Bundestags zu verhindern.

Kommen da nicht immense Kosten auf die Steuerzahler zu und bleibt das Parlament noch arbeitsfähig?

Holznagel: Bei einer Projektion von 800 Abgeordneten lägen wir bei 597 Millionen Euro allein an „aktiven mandatsbezogenen“ Kosten – damit meine ich die Kostenpauschale, die Mitarbeiterpauschale oder auch Zuschüsse für Krankheit und Pflege sowie Dienstreisen und vieles mehr. Das ist eine Steigerung von 64 Millionen Euro zu heute. Wie hoch aber die Gesamtkosten eines so großen Bundestags wären, kann man heute gar nicht beziffern, weil es zu viele Variablen gibt. Sicher ist, dass noch viel mehr auf die Steuerzahler zukäme! Ich erinnere hier an die Unterbringung der zusätzlichen Abgeordneten und ihrer Mitarbeiter, an den Beamtenapparat oder die Ausweitung der Liegenschaften.

Ein noch größerer Bundestag hat aber nicht nur höhere parlamentarische Betriebskosten, sondern auch gar keinen parlamentarischen Mehrwert! Dies schadet der Würde und der Bedeutung jedes einzelnen Mandats und kostet Glaubwürdigkeit. Dass das Ansehen der parlamentarischen Demokratie unter dem Streit um eine mögliche Verkleinerung des Bundestags bereits gelitten hat, meint übrigens mehr als Hälfte aller Bürger: Bei unserer repräsentativen Bevölkerungsumfrage zu Jahresbeginn beantworten 54 Prozent diese Frage mit „ja“! Dieses Ergebnis muss für die Politik ein Weckruf sein. Nur dann, wenn jede Fraktion bei ihren Forderungen Abstriche macht und alle an einem Strang ziehen, lässt sich ein überparteiliches Wahlrecht schmieden und das Ansehen des Parlaments wiederherstellen.

Wie könnte eine Änderung aussehen, damit die Zahl der Abgeordneten nicht noch weiterwächst?

Holznagel: Über welche Hebel das Wahlrecht mit Blick auf eine verlässliche Begrenzung der Mandate reformiert wird, müssen die Fraktionen im Detail klären. Für uns ist klar, dass der Bundestag deutlich kleiner werden muss, um ein Ausufern der Mandatszahl zu verhindern. Deshalb lautet unser konkreter Appell: „500 Abgeordnete sind genug!“  Dass die Politik mit ihrem XXL-Modell Schluss endlich machen muss, wollen übrigens auch die meisten Bürger:  In unserer Bevölkerungsumfrage wünschen sich 93 Prozent der Befragten eine Wahlrechtsreform, die eine feste Obergrenze für die Anzahl der Abgeordneten vorsieht. Unserer Forderung nach maximal 500 Parlamentariern schließen sich insgesamt 92 Prozent der Bürger an – davon sprechen sich 22 Prozent sogar für „noch weniger“ Mandate aus. Das ist ein klarer Auftrag an alle Bundestagsfraktionen! Die große Mehrheit der Bürger fordert ein verlässliches Wahlrecht und möchte bereits bei der Stimmabgabe wissen, wie groß das Parlament am Ende sein wird. Das aktuelle Wahlrecht kann das nicht leisten – danach weiß niemand am Wahltag, wie viele Angeordnete ein neuer Bundestag umfassen würde.

 

Die Abgeordneten setzen als eine Art Zeichen der Solidarität ihre Diätenerhöhung aus. Ein wichtiges Signal?

Holznagel: Auf jeden Fall! Es ist eine gute Nachricht, dass die Bundestagsabgeordneten – zumindest in diesem Jahr und angesichts der Corona-Krise – auf die automatische Erhöhung ihrer Diäten verzichten wollen und sich auf einen Gesetzentwurf „zur Aussetzung des Anpassungsverfahrens für das Jahr 2020“ verständigt haben. Als Bund der Steuerzahler hatten wir diesen grundsätzlichen Automatismus seit Jahren entschieden kritisiert und begrüßen deshalb diesen Schritt. Der Verzicht auf die automatische Diätenerhöhung am 1. Juli ist ein wichtiges Signal der Solidarität! Noch besser wäre es, wenn die Abgeordneten künftig immer auf die jährliche Anpassung ihrer Diäten verzichten würden – schließlich ist das Verfahren für die Öffentlichkeit intransparent. Da Abgeordnete bei ihren Gehältern immer in eigener Sache entscheiden, müsste jede Diätenanpassung im Rahmen eines ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens erfolgen – mit öffentlicher Begründung und Rechenschaft im Bundestag.

Sie fordern eine Reform der Aufwandsentschädigung für Abgeordnete. Wie sollte die aussehen?

Holznagel: Ich halte es für erforderlich, die steuerfreie Kostenpauschale zu reformieren. Genauso wie Arbeitnehmer sollten Bundestagsabgeordnete ihre Aufwendungen einzeln belegen müssen. 

Ebenso wichtig ist eine Reform bei der Altersversorgung – dass also nicht mehr die Steuerzahler, sondern die Volksvertreter selbst für ihre Pension privat vorsorgen! Dieses Jahr fallen nämlich mehr als 51 Millionen Euro für Abgeordneten-Pensionen an. Durch den XXL-Bundestag werden diese Zahlungen künftig deutlich steigen, weil Abgeordnete zu schnell zu hohe Ansprüche erhalten. 

Ich halte es nur für fair, wenn Abgeordnete an die Bedingungen der gesetzlichen Rentenkasse gekoppelt würden. Die Vollfinanzierung der Pensionen durch die Steuerzahler ist nicht mehr zeitgemäß! Dazu wäre ein umfassender Systemwechsel erforderlich, weil die Abgeordneten eigene Beiträge in ein eigens dafür eingerichtetes Versorgungswerk, eine private Rentenversicherung oder in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen müssten. Das erfreuliche Ergebnis sollte auf der Hand liegen: mehr Transparenz und mittelfristig weniger Kosten für die Steuerzahler.

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