Nordrhein-Westfalen in Zahlen
Wo liegen die Hotspots der kommunalen Abgaben und Gebühren in Deutschland? In seiner "Kommunalen Datenbank" hat der BdSt die Daten von Städten über 50.000 Einwohner zusammengestellt.
Wie steht es um die Finanzen unserer Städte? Welche Kommune verlangt die höchste Hundesteuer, wo ist die Gastronomie für ihre Außenterrassen gebührenfrei – und welche Stadt in Nordrhein-Westfalen wirtschaftet solide? Der Bund der Steuerzahler (BdSt) hat mit einer landesverbandsübergreifenden Projektgruppe umfangreiche Daten zu Städten über 50.000 Einwohner ausgewertet. Dabei wurde ein breites Themenspektrum untersucht: von Haushaltslage und Verschuldung über Realsteuern bis hin zu kommunalen Abgaben wie der Zweitwohnungsteuer, den Terrassengebühren oder Kulturförderabgaben. Ziel der Analyse ist es, mehr Transparenz über die kommunalen Finanzen und ein realistisches Bild davon zu schaffen, wie unterschiedlich die Belastungen für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen in Deutschland, ausfallen. Da die gesamte, ausführliche Analyse in einer Broschüre aufbereitet wurde, soll in diesem Artikel lediglich eine Zusammenfassung der Ergebnisse mit Fokus auf Nordrhein-Westfalen gegeben werden. ==> Kommunale Datenbank [pdf]
Hohe Steuern, hohe Belastung – NRW im Realsteuervergleich
Nordrhein-Westfalen zeigt sich auch 2025 als Hochsteuerland. Witten, Mülheim an der Ruhr, Eschweiler und Unna gehören bundesweit zu den Städten mit den höchsten Grundsteuer B - Aufkommen pro Kopf. Bei den Städten mit den niedrigsten Pro-Kopf Aufkommen ist leider keine Stadt aus dem bevölkerungsreichsten Bundesland dabei. Bei der Gewerbesteuer führen Oberhausen und Mülheim a. d. Ruhr mit jeweils 580 Prozent die bundesweiten Spitzenwerte an. Von den zehn höchsten Gewerbesteuerhebesätzen kommen alle zehn aus Nordrhein-Westfalen – ein klarer Standortnachteil für die lokale Wirtschaft. Nur Leverkusen fällt mit einem außergewöhnlich niedrigen Satz von 250 Prozent positiv auf. Der BdSt NRW fordert daher eine Entlastung der Bürger sowie der lokalen Unternehmen. Eine solch hohe Steuerlast trifft die Menschen vor Ort und mindert die Wettbewerbsfähigkeit. Ziel muss eine niedrigere Besteuerung sein, die wirtschaftliche Aktivität nicht bremst und Bürger nicht weiter überfordert.
Kommunale Haushalte: NRW zwischen Konsolidierung und Defiziten
Die Auswertung von 194 Kommunalhaushalten zeigt eine alarmierende Tendenz: Nur 29 Städte bundesweit planen 2025 mit einem Überschuss, während die große Mehrheit rote Zahlen schreibt. Auch in Nordrhein-Westfalen ist die Lage äußerst angespannt.
Zwar gehört zum Beispiel Essen zu den wenigen Städten, die mit einem positiven Jahresergebnis für 2025 planen, doch viele andere Kommunen kämpfen mit anhaltenden Defiziten. Ursachen sind hohe Sozial- und Personalausgaben sowie die wachsende Zinslast. Bei den zehn Städten mit den höchsten Defiziten pro Kopf sind mit Witten und Herne zwei Städte aus Nordrhein-Westfalen vertreten.
Verschuldung: NRW mit transparenter, aber hoher Schuldenlast
Auch bei der Verschuldung bleibt NRW ein Land der Gegensätze. Die Gesamtverschuldung der untersuchten Städte (ohne Stadtstaaten) lag Ende 2023 bundesweit bei über 166 Milliarden Euro – durchschnittlich 4.844 Euro je Einwohner. Besonders interessant: Mit gleich sechs Städten finden sich einige der Städte aus Nordrhein-Westfalen in den Top 10 der Städte mit geringster Verschuldung. Langenfeld, Hilden und Ratingen sind dort beispielhaft zu nennen. Gleichzeitig stehen mit Mülheim an der Ruhr und Oberhausen zwei Städte bei den zehn mit der höchsten Pro-Kopf Verschuldung. Insgesamt steht die Schuldenlast der Kommunen auf einem hohen Niveau.
Interessant ist die Frage, ob die Verschuldung in den Kernhaushalten stattfindet oder ausgelagert wurde. Hier zeigen sich deutliche Unterschiede. Während viele Kommunen beispielsweise in Baden-Württemberg zum Teil eine hundertprozentige Auslagerung der Verschuldung aufweisen, sind die zehn Städte mit den niedrigsten Auslagerungsraten Deutschlands alle in Nordrhein-Westfalen zu finden. Anders gesagt: Die Städte in NRW sind verschuldet, bei vielen sieht man das allerdings transparent in den Kernhaushalten. Das bedeutet, dass ihre Schulden überdurchschnittlich häufig im Kernhaushalt verbucht und damit offen sichtbar sind – anders als in vielen anderen Bundesländern, wo ein erheblicher Teil der Verbindlichkeiten in ausgelagerten Gesellschaften und Eigenbetrieben versteckt bleibt. Der BdSt fordert stets mehr Transparenz, Offenlegung und Entlastung, um finanzielle Handlungsfähigkeit langfristig zu sichern.
Kleine Steuern, große Wirkung – oder doch nicht?
Bei den kommunalen Aufwandsteuern sind die Erkenntnisse unterschiedlich. Die Zweitwohnungsteuer wurde von 53% der bundesweit untersuchten Städten erhoben – meist auf Basis der Nettokaltmiete. Für viele Städte ist sie ein Instrument, um zusätzliche Einnahmen zu erzielen oder Studierende an Hochschulorten, die dort nur mit Zweitwohnsitz gemeldet sind, zur Ummeldung zu bewegen. Der BdSt sieht sie dagegen als bürokratisch, ungleich und wenig ertragreich an. Eine Reform des Finanzausgleichs wäre sinnvoller.
Kleinteilige Bürokratie: Beispiel Terrassengebühren
Ein weiteres Beispiel für kleinteilige Bürokratie sind die Terrassengebühren. Für eine gute Vergleichbarkeit wurde in der Analyse mit einem Musterbetrieb gerechnet: Ein Gastronomiebetrieb in bester Innenstadtlage, welcher in der Hauptsaison von Mai bis September auf einer Fläche von 25m² Außengastronomie betreibt. Während für den Musterbetrieb in Bonn rund 1.800 Euro pro Saison zu zahlen sind, ist es in Rheine mit 125 Euro besonders günstig. Von acht Städten in Deutschland, die vollständig auf die Abgabe verzichten, kommen gar fünf aus NRW, darunter Ahlen, Herten und Velbert. Die Erfahrung zeigt: Der Wegfall dieser Gebühren belebt Innenstädte, während die Einnahmeverluste minimal bleiben.
Ähnlich kritisch sieht der BdSt die Übernachtungsteuer („Bettensteuer“), die in Städten wie Dortmund, Düsseldorf und Essen erhoben wird. Sie bringt nur einen überschaubaren Ertrag, verursacht aber hohen Verwaltungsaufwand und schadet dem Tourismusstandort NRW durch Wettbewerbsnachteile gegenüber steuerfreien Nachbarorten.
Fazit: Nordrhein-Westfalen braucht Entlastungen und Finanzstrukturreform
Nordrhein-Westfalen steht 2025 exemplarisch für viele finanzielle Herausforderungen deutscher Kommunen: hohe Steuern, steigende Schulden, viel Bürokratie. Gleichwohl unterscheiden sich die Ergebnisse der Ländervergleiche in der Tiefe zum Teil deutlich.
Positiv hervorzuheben ist die vergleichsweise transparente Haushaltsführung, doch sie kann strukturelle Defizite nicht überdecken. Der Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen fordert deshalb eine konsequente Haushaltskonsolidierung, eine bürokratiearme Politik und faire Finanzierungsbedingungen für die Städte und Gemeinden.
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