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"Lost Place"-Häuser für 4,2 Mio. Euro in Selm
Die Stadt Selm kaufte eine Häuserzeile und kündigte den Mietern. Seitdem im Dezember 2021 die letzten Mieter ausgezogen sind, steht die Häuserzeile leer, kostet Geld und bringt nichts ein. Ein Vertrag mit einem Projektentwickler platzte.
In den Jahren 2017/2018 kaufte die Stadt Selm eine Häuserzeile auf der Kreisstraße, einer wichtigen Verkehrsader der Stadt. Die Grundstücke sind insgesamt mehr als 6.500 Quadratmeter groß. Welchen Zweck die Stadt mit dem Kauf verfolgte, kann sie nicht wirklich sagen: Zunächst erklärte sie im Dezember 2024 gegenüber dem Bund der Steuerzahler den Kauf mit einem seinerzeitigen Wohnraumbedarf wegen der damaligen Flüchtlingssituation. Auf Nachfrage des BdSt hieß es: „Der Ankauf erfolgte auch mit der langfristigen Intention, den Bereich zu überplanen.“
Stillschweigen zu Kosten
Aus der Höhe des Kaufpreises macht die Stadt allerdings ein Geheimnis – denn mit den privaten Grundstückseigentümern sei Stillschweigen vereinbart worden. Diese fehlende Transparenz stieß jedoch offenbar nicht überall auf Zustimmung. Ein Ratsmitglied kolportierte die Summe von 4,2 Mio. Euro in einer Zeitung; dort wurde auch der damalige Bürgermeister, heute Landrat, zitiert,
dass auch kein Wertgutachten vorgelegen habe. Auf die Frage des BdSt im Dezember 2024 an die Stadt nach dem Grund dafür und ob es eine Wirtschaftlichkeitsberechnung gab, kam die überraschende Antwort:
„Aus den Vorgesprächen mit den Grundstückseigentümern ging seinerzeit hervor, dass diese konkrete Preisvorstellungen für den Verkauf ihrer Grundstücke besessen hatten. Insofern war das Erstellen eines Wertgutachtens keine Option gewesen, da es nur Kosten verursacht hätte, die Grundstücke aber, laut Aussage der Grundstücksinhaber, nicht zu dem Wert des Gutachtens verkauft worden wären.“
Mit anderen Worten: Der reale Wert der Immobilien war für die Stadt offenbar vollkommen unwichtig, relevant waren ausschließlich die Preisvorstellungen der Verkäufer.
Eingeständnis der Steuergeldverschwendung
Der BdSt wertet das als Eingeständnis der Steuergeldverschwendung. Es liegt in der Natur eines Kaufes, dass ein Verkäufer einen möglichst hohen Kaufpreis erzielen und der Käufer einen möglichst niedrigen bezahlen will. Wenn die Verkäufer dieser Immobilien signalisierten, dass sie nicht für die Preise eines Wertgutachtens an die Stadt verkaufen würden, dann ist doch völlig klar, dass ihre Preise oberhalb des tatsächlichen Werts liegen. Dennoch hat die Stadt Selm mit dem Geld der Steuerzahler diese Fantasie-Preise akzeptiert. Und nun wird die Höhe ihrer Verschwendung durch mangelnde
Transparenz und durch das fehlende Gutachten verschleiert.
Projektentwickler abgesprungen
2020 schloss der Rat der Stadt einen Erbbaurechtsvertrag mit einem Projektentwickler. Über 67 Jahre hinweg sollte das Unternehmen einen Erbbauzins zahlen und die Grundstücke neu bebauen. Doch der Entwickler kündigte den Vertrag, bevor die Bauarbeiten begonnen hatten – auch die Gründe dieser Kündigung liegen im Nebel. Im Mai 2025 erklärte die Stadt gegenüber dem BdSt, sie habe zwar Gespräche mit einem neuen Investor geführt, aber erst im Herbst 2025 könne man mehr sagen.
Verfall und laufende Kosten
Inzwischen gammeln die Häuser vor sich hin, denn nachdem der Grundsatzbeschluss mit dem Projektentwickler gefasst worden war, hat die Stadt allen Mietern gekündigt. Die letzten Mieter zogen Ende 2021 aus. Seitdem stehen die Häuser leer, bringen der Stadt also keine Mieteinnahmen mehr, verursachen aber Instandhaltungs- und Nebenkosten.
Der Bund der Steuerzahler kritisiert:
Der Kauf einer Häuserzeile ohne klaren Grund zu einem Preis, der den objektiven Wert ignoriert und ausschließlich Verkäuferinteressen berücksichtigt, ist verantwortungslos. Beinahe acht Jahre nach dem Kauf würde der Volksmund sagen: Außer Spesen nix gewesen.
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