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Holocaust-Leugnen: Nicht von Meinungsfreiheit erfasst

15.06.2021

Vor dem Oberlandesgericht (OLG) Hamm ging es um die Frage, ob eine Äußerung in einer Rede auf einer Sympathiekundgebung für eine Holocaust-Leugnerin strafrechtlich als Volksverhetzung zu werten ist. Das Gericht stellt in diesem Zusammenhang klar, dass bei mehrdeutigen Aussagen ein für den Redner günstiges Verständnis der Äußerung nur zugrunde zu legen ist, wenn dieses den Umständen des Falles nach nicht auszuschließen ist. Zudem hat es bekräftigt, dass Hass, Antisemitismus und die Leugnung des Holocaust nicht unter den Schutzbereich der Meinungsfreiheit fallen.

Der Angeklagte nahm 2018 an einer von Mitgliedern der Partei "Die Rechte" aus Dortmund angemeldeten Veranstaltung teil, die zum 90. Geburtstag einer bekannten und mehrfach verurteilten Holocaust-Leugnerin, mit der der Angeklagte befreundet ist, stattfand. Auf der Veranstaltung hielt er eine Rede, die noch heute auf "youtube" abrufbar ist. Hierin äußerte er unter anderem: "Die Juden haben Christus verworfen, haben ihn kreuzigen lassen, sie haben sein Opfer für sich in Anspruch genommen und brauchten einen anderen Mythos. Den haben sie geschaffen und der findet auch seinen Niederschlag in § 130 Strafgesetzbuch."

Wegen dieser Äußerung verurteilte das Amtsgericht Bielefeld den Angeklagten zu einer Geldstrafe von 900 Euro. Das Landgericht (LG) Bielefeld bestätigte das Urteil. Durch die Äußerung habe der Angeklagte den Holocaust als Erfindung der Juden dargestellt, wobei ihm bewusst gewesen sei, dass dies insbesondere von Teilnehmern der Veranstaltung auch entsprechend verstanden werden würde. Gegen das LG-Urteil legte der Angeklagte Revision ein. Er meint, die ihm vorgeworfene Äußerung sei zumindest mehrdeutig und die Vorinstanz habe sich nicht ausreichend mit anderweitigen Auslegungsmöglichkeiten auseinandergesetzt.

Die Revision hatte keinen Erfolg. Die Äußerung des Angeklagten könne nicht im Sinne einer religiösen Meinungsäußerung gedeutet werden, so das OLG Hamm. Auf die Mehrdeutigkeit einer Äußerung komme es nicht an, wenn andere – für den Angeklagten günstigere – Auslegungsmöglichkeiten den Umständen nach ausgeschlossen seien. So liege der Fall hier. Schon der Wortlaut der Äußerung sei als Leugnung des Holocaust zu werten. Der Angeklagte habe das angebliche "Schaffen eines Mythos durch die Juden" in Bezug zu § 130 Strafgesetzbuch gesetzt, der seinerseits das Leugnen des Holocaust unter Strafe stelle. Bereits deshalb könne und dürfe ein Zuhörer die Äußerung dahingehend verstehen, beim Holocaust handele es sich um eine Erfindung der Juden.

Ebenso zutreffend habe das LG dem sprachlichen Kontext der Äußerung und den Begleitumständen keine andere Bedeutung als die eines Leugnens des nationalsozialistischen Völkermordes an den europäischen Juden beimessen können. Eine theologische Aussage der Rede und Äußerung sei auszuschließen, so das OLG. Nachdem der Angeklagte im Übrigen selbst dem politisch rechtsextremen Spektrum angehöre, seine Äußerung in einer Solidaritätsveranstaltung für eine bekannte und mehrfach verurteilte Holocaust-Leugnerin gefallen sei, die Veranstaltung in erster Linie von Sympathiekundgebungen für die vorerwähnte Person geprägt gewesen sei und die Teilnehmer überwiegend dem politisch rechtsextremen Spektrum angehört hätten, könne und dürfe unter dem Maßstab eines objektiven Empfängerhorizonts sicher auszuschließen sein, dass es dem Angeklagten mit seiner Äußerung um etwas anderes als eine Leugnung des Holocaust gegangen sei.

Danach schränke die Verurteilung den Angeklagten weder in seiner Religionsfreiheit noch in seiner Meinungsfreiheit in unzulässiger Weise ein. Im Übrigen entspreche es auch internationalem Recht, dass die Darbietung von Hass, Antisemitismus und Leugnung des Holocaust nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt sei.

Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 01.06.2021, III-3 RVs 19/21, rechtskräftig

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