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Der Trick mit der Flüchtlings-Rücklage

Presseinformation / Haushaltspolitik 14.09.2018

BdSt-Präsident zur Haushaltsdebatte im Bundestag

„Das ist keine nachhaltige Politik!“ Mit dieser Kritik verweist der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, auf die „Ausgabenwut“ der Bundesregierung. Zur Haushaltsdebatte im Bundestag sagte Reiner Holznagel dem Fernsehsender Phoenix: „Das Geld wird nicht richtig eingesetzt. Der Dreiklang aus Schuldentilgung, Investitionen und Steuersenkungen bleibt aus.“. Im Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung machte der BdSt-Präsident klar: „Die Ausgaben wachsen schneller als die Einnahmen“. Die Defizite steigen bis zum Jahr 2021 auf zehn Milliarden Euro – die Schwarze Null kann der Bund nur einhalten, weil er noch eine Flüchtlingsrücklage von 24 Milliarden Euro hat, die bis zum Jahr 2022 komplett aufgezehrt wird. Gäbe es diese Rücklage nicht, müsste der Bund neue Schulden machen. Über diesen Rücklagen-Trick und andere teure Themen wie den XXL-Bundestag und die Probleme des doppelten Regierungssitzes sprach Holznagel im großen Interview mit der Nachrichten-Website T-Online:

Hier lesen Sie das komplette Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung:

Herr Holznagel, Finanzminister Scholz bringt am Dienstag (11.9.) das Haushaltsgesetz 2019 und den Finanzplan bis 2022 in den Bundestag ein. Einnahmen und Ausgaben halten sich die Waage. Eine Neuverschuldung ist nicht geplant. Hört sich nach einem soliden Plan an. Oder?

Nein, wir sind nicht zufrieden mit dem, was da passiert. Die schwarze Null steht zwar auf dem Papier. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Ausgaben schneller wachsen als die Einnahmen. Die schwarze Null kann der Bund nur deshalb einhalten, weil er noch eine Flüchtlingsrücklage hat, die er jetzt nach und nach aufzehren kann. Im Übrigen wird aber nichts getan, um den Haushalt langfristig abzusichern, etwa durch den Abbau von Schulden. 

Wie hoch ist aktuell die Flüchtlingsrücklage und wie schnell wird sie aufgezehrt? 

Wir sind derzeit bei 24 Milliarden Euro. Diese Summe wir bis 2022 komplett aufgezehrt, da die Haushaltsdefizite in den kommenden Jahren stark steigen – bis auf zehn Milliarden Euro im Jahr 2021. Der Finanzminister nutzt die Rücklage also, um enorme Haushaltslöcher zu stopfen, die durch die Ausgabenwut der Koalition entstehen. Das heißt: Hätte der Bund nicht die Rücklagen, müsste er neue Schulden aufnehmen. Das ist keine nachhaltige Politik. 

Sie kritisieren den wachsenden Steuerzuschuss zur gesetzlichen Rentenversicherung, der im Jahr 2020 wahrscheinlich die 100-Milliarden-Euro-Grenze überschreitet. Was ist falsch daran, die Altersvorsorge auf diesem Weg zu stabilisieren?

Es wird der Eindruck erweckt, als könnten wir uns bei der gesetzlichen Rentenversicherung vieles leisten. Es kann aber nicht sein, dass über das Rentenniveau geredet wird, ohne dass zugleich auch Beiträge, Rentenalter und Steuerzuschüsse erwähnt werden. Wir brauchen ein Gesamtkonzept und sollten hier die Vorschläge der Rentenkommission abwarten. 

Trotzdem gibt es schon jetzt neue weitreichende Forderungen…

Wenn Olaf Scholz das Rentenniveau sogar bis 2040 bei 48 Prozent stabilisieren will, mag ihm das in Wahlkämpfen nützlich erscheinen. Es ist aber kein Beitrag zu einer seriösen Rentenpolitik, sondern könnte zu Beiträgen von 26 Prozent und mehr führen. Man darf zudem nicht vergessen: Jeder zusätzliche Euro, der als Steuerzuschuss in die Rentenkasse fließt, fehlt womöglich an anderer Stelle, etwa bei der Bildung oder in der Verteidigung. 

Der Bundeszuschuss ist ein Ausgleich für eine Vielzahl von versicherungsfremden Leistungen der Rentenversicherung. Wäre es nicht transparenter, all diese Leistungen – auch die Mütterrente – direkt aus der Steuerkasse zu bezahlen?

Fakt ist: Es gibt ein großes Kuddelmuddel. Es wäre gut, dieses Durcheinander aufzulösen und Transparenz für Beitrags- und Steuerzahler zu schaffen, wer was bezahlt. Wir brauchen Klarheit und Wahrheit. Und wir müssen darauf achten, dass versicherungsfremde Leistungen sauber von der Allgemeinheit finanziert und nicht einseitig den Beitragszahlern aufgebürdet werden.

Noch einmal zum Finanzplan des Bundes. Die Investitionen in die Infrastruktur sollen bis 2022 um 7,8 Prozent steigen. Lässt sich so der allseits beklagte Investitionsstau auflösen?

Es ist gut, dass die Investitionen steigen sollen, doch fällt auf, dass der Rentenzuschuss mehr als doppelt so dynamisch steigt, und zwar um 17,1 Prozent bis 2022. Dabei weiß jeder: Wir müssen mehr Geld in Brücken und Straßen investieren, vor allem in den Bestand. Problematisch ist auch, dass bei wichtigen Themen wie dem Breitbandausbau Prioritätenlisten fehlen und quasi jedes Projekt als vorrangig gilt. Und schließlich kann ich nicht erkennen, dass der Staat in seine eigene Effizienz investiert, etwa in eine moderne digitale Verwaltung. 

Die Schuldenuhr des Steuerzahlerbundes zeigt derzeit rund zwei Billionen Euro als gesamtstaatliche Verschuldung aus. Sie sagen aber selber, das sei nicht die ganze Wahrheit. Was kommt denn noch hinzu?

Die Schuldenuhr zeigt die Kreditmarktschulden des Bundes, der Länder und der Kommunen. Nicht ausgewiesen werden die sogenannten impliziten Schulden, also Verpflichtungen, die der Staat für die Zukunft eingegangen ist. Da geht es unter anderem um die Beamtenpensionen, aber auch um die Beihilfe, also die Krankenversorgung der Pensionäre. Bedenklich ist, dass der Staat kaum Rücklagen gebildet hat, um diese Verpflichtungen abzudecken. Umso mehr sorgt uns, dass der Bund allein zwischen 2015 und 2019 rund 24.000 neue Stellen schaffen will. 

Was schlagen Sie vor?

Es wäre richtig, das Beamtentum zu reformieren. Nur da, wo hoheitliche Aufgaben erledigt werden, darf noch verbeamtet werden. Wir brauchen weder einen verbeamteten Lehrer noch eine flächendeckende Verbeamtung im Justizvollzug. Hier müssen vor allem die Länder umdenken.

Sie feiern es auch als Ihren Erfolg, dass der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung um 0,5 Prozentpunkte gesenkt werden soll. Wie sehr schmerzt es Sie da, dass die Pflegeversicherung womöglich um denselben Satz teurer wird?

Es ist in der Gesamtschau schmerzlich, dass diese Senkung durch eine Erhöhung an anderer Stelle wieder aufgezehrt wird. Die Anhebung im Bereich der Pflege ist aber folgerichtig, weil es hier mehr Leistungen gibt. In der Arbeitslosenversicherung war die Senkung dagegen überfällig, wenn man sich die hohen Überschüsse der Bundesagentur für Arbeit anschaut. Ohnehin muss man sich fragen, ob die Reserve von 20 Milliarden Euro, die bei der BA für den Fall einer neuen Wirtschaftskrise vorgehalten werden sollen, nicht zu hoch ist. Ich meine: Hier wird viel zu viel Geld in der Hinterhand gehalten. Und ich warne: Hohe Rücklagen verleiten die Politik oft zu deutlichen Leistungsausweitungen, die womöglich überflüssig und nicht effizient sind. Wir brauchen hier klare Kriterien, wie hoch solche Rücklagen sein und wofür sie verwendet werden dürfen. Ansonsten droht eine Verschwendung von Beiträgen.

Wenig hört man aktuell über den Abbau von Subventionen. Welchen Spielraum sehen Sie hier?

Einen sehr großen. Unserer Wirtschaft geht es so gut wie selten zuvor und gleichzeitig wachsen die Subventionen. Im Jahr 2020 werden sich allein die Finanzhilfen auf 10,7 Milliarden Euro belaufen und damit den Stand des Krisenjahres 2009 um 700 Millionen übersteigen. Das ist grotesk! Die große Koalition versagt hier auf ganzer Linie. Statt immer mehr Steuergeld zu verteilen, muss sie endlich dafür sorgen, dass Subventionen degressiv gestaltet, regelmäßig überprüft und befristet werden. Es kann nicht sein, dass wir noch über Kohlesubventionen reden, während wir zugleich Ökostrom subventionieren. Jeder bekommt ein bisschen was und die Politik duckt sich weg – da braucht es einen Neustart. 

Wo gibt es weiteren Nachholbedarf?

Wir müssen die Belastung der Steuerzahler senken! Hier denke ich auch an die Unternehmer: Wir sind ein mittelständisch geprägtes Land; viele Unternehmen werden nicht nach der Körperschaftsteuer, sondern nach der Einkommensteuer veranlagt. Da gilt bereits ab 55.000 Euro zu versteuerndem Einkommen der Höchststeuersatz – das ist völlig inakzeptabel. Deshalb muss der Einkommensteuertarif grundlegend reformiert werden. 
Die Bundesregierung darf den Kopf nicht in den Sand stecken. Genügend Geld ist da, um zum Beispiel den Solidaritätszuschlag komplett und für alle abzuschaffen! Generell sollten wir mehr Geld in die Steuerentlastung stecken als in die Rentenkasse – zumindest sollte beides in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. 

Die Fragen stellte Uwe Westdörp

Unsere kostenlose Service-Hotline für interessierte Bürger: 0800/883 83 88

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