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Das ehemalige Kultusministerium aus Sicht des Steuerzahlers

Bund der Steuerzahler Saarland e. V. / Presseinformation 18.05.2020

Renovierung, Rekonstruktion oder Neubau?

Vor mehr als 5 Jahren ist das Kultusministerium mit seinen 250 Mitarbeitern aus dem an der A 620 gelegenen und denkmalgeschützten Pingusson-Bau (benannt nach seinem Architekten Georges-Henri Pingusson) in das ehemalige Postgebäude in der Trierer Straße umgezogen. Seitdem steht das Hochhaus leer und das Land überweist jährlich eine Kaltmiete von 1,2 Mio. Euro für die angemieteten Räume in der alten Post.
 

Wie es mit dem Pingusson-Gebäude weitergehen soll, steht derzeit noch in den Sternen. Die saarländische Landesregierung ist gespaltener Meinung, was seine Zukunft anbelangt.
Der Innen- und Bauminister Klaus Bouillon spricht von 53 Mio. EUR, die aller Voraussicht nach für eine vollständige Renovierung und Nutzbarmachung der Immobilie für einen Ministeriumsbetrieb anfallen werden. In diesem Zusammenhang gab er zu bedenken, dass „dieser Betrag kein Pappenstiel sei und man entscheiden müsse, ob man das wenige Geld, das zur Verfügung stünde, in die Erinnerung an einen namhaften Architekten stecke oder ob man nachhaltig in die Zukunft investieren wolle.“
 

Demgegenüber hält Kulturminister Ulrich Commerçon an einer Komplettsanierung fest und geht von einer EU-Förderung aus, wodurch die Kosten für das Saarland erheblich niedriger ausfallen würden. Der Pingusson-Bau stehe als ehemalige französische Botschaft wie kein anderes Bauwerk für die Nachkriegsgeschichte des Saarlandes und müsse schon deshalb – und nicht nur wegen seines architektonischen Wertes – erhalten werden, auch wenn es teuer werde. Sprich: koste es was es wolle.

Der Bund der Steuerzahler Saarland versucht nun einen Lösungsansatz zu finden, der losgelöst von Emotionen und historischer Verbundenheit eine für das heutige Saarland realisierbare Variante  darstellen soll. Hierbei nehmen wir Bezug auf uns vorliegende Stellungnahmen eines ehemaligen leitenden Ministerialbeamten sowie eines Bauingenieurs. Der Ministerialbeamte gehörte mehr als 30 Jahre dem Kultusministerium an und ist daher bestens mit der Immobilie vertraut. Der Bauingenieur hat aufgrund früherer Ingenieursaufträge die Problembereiche des Gebäudes kennengelernt.

Das Ensemble der ehemaligen französischen Botschaft setzt sich aus drei Gebäuden zusammen:

  1. Der an der A 620 gelegene achtgeschossige Bürotrakt, der im Volksmund „schmales Handtuch“ genannt wird.
  2. Der Verbindungsbau mit Ministerbürobereich, Festsaal mit Treppen, Garderobe und Toiletten nebst ehemaligen Küchen- und Chauffeursflügel.
  3. Der Residenztrakt mit der ehemaligen Wohnung des Botschafters und der Staatsgäste, dem Konferenzraum, dem Salon und dem Privatsekretariat.

Der problematische Gebäudeteil ist der Bürotrakt. Dessen Nutzung zu Bürozwecken war aufgrund des ungünstigen Verhältnisses Gesamtfläche zu echter Nutzfläche nie wirtschaftlich. Der einhüftige Bürotrakt mit einer Grundfläche von 100 x 8 m weist zu große Verkehrsflächen im Verhältnis zu den nutzbaren Büroflächen auf. Einen weiteren Nachteil stellen die unnötig großen Außenflächen in Verbindung mit der schlechten Wärmedämmung des Gebäudes dar. Während die Immobilie im Winter teuer beheizt werden muss, ist ein dauerhafter Aufenthalt im Hochsommer wegen hoher Innentemperaturen nur unter erschwerten Bedingungen möglich.
Diese bauartbedingten energetischen Nachteile ließen sich durch eine moderne Wärmedämmung reduzieren, was jedoch mit den Denkmalschutzanforderungen nur schwerlich in Einklang zu bringen ist. Die Anbringung einer Isolierschicht wäre nur innen im Gebäude möglich, wodurch die nutzbaren Büroflächen noch weiter reduziert würden.

Auch im Hinblick auf seine Substanz kann der Bürotrakt keinen erhaltenswerten Denkmalwert nachweisen. Das Gebäude ist zwischen 1951 und 1954 mit den Baustoffen und –techniken jener Zeit erbaut und ausgerüstet worden. Weder die Stärke des Betons entsprach der klimatisch-physikalischen Langzeitbeanspruchung noch konnte eine hinreichende Betonüberdeckung für notwendigen Schutz gegen das Eindringen aggressiver Nässe durch die Bildung von Haarrissen dem Verrosten der Stahlbewehrung vorbeugen. Der Korrosionsprozess wurde noch verstärkt durch das Versäumnis, regelmäßig Schutzanstriche aufzubringen. Aktuell und von außen gut erkennbar sind innen angebrachte Stützen in einzelnen Räumen. Anscheinend besteht dort Einsturzgefahr. Der Trakt ist schlicht verwahrlost, die Bausubstanz ist marode. Die Standsicherheit des Gebäudes würde heutigen Anforderungen keinesfalls entsprechen.

Der künstlerische Gestaltentwurf des Verwaltungstraktes ist – im Vergleich zu den beiden übrigen Teilen des Ensembles – von geringerer Bedeutung. Die ursprünglich nach Entwürfen von Prof. Boris Kleist künstlerisch gestaltete Cafeteria im 7. OG ist noch zu Zeiten von Ministerpräsident Franz-Josef Röder – angeblich durch ein Hausmeisterversehen – vernichtet worden. Die Treppenhäuser sind teilweise aus französischem Marmor gefertigt, jedoch ohne künstlerische Formgebung, was auch auf die Geländer zutrifft. Aus Brandschutzgründen wurden die in den Fluren vorhandenen Holz-Glas-Schwingtüren durch wenig ähnliche Blech-Glas-Selbstschließtüren ersetzt. Die Bausubstanz des Bürotraktes erbringt somit nur einen geringen Denkmalwert.

Von Wert erscheint lediglich der Gestaltentwurf des Architekten Pingusson. Ob jedoch der Abriss und die Rekonstruktion mit heutigen Materialien unter Beachtung angemessener Wärmedämmung der Wände und Fenster eine wirtschaftliche Nutzung als Ministerium ermöglicht, wird bezweifelt. Zu groß sind die bauartbedingten Mängel der Immobilie.

Die in Jahren der Ministeriumsnutzung begangenen „Bausünden“ in dem Verbindungsbau und im Residenztrakt  erscheinen insgesamt noch als „reparabel“, was auch auf die heutigen Anforderungen des Brandschutzes zutreffen müsste. Jedoch ist hier aufgrund der in einzelnen Räumen konzentrierten, künstlerisch gestalteten Innenausstattung eine Sanierung und Restaurierung der Originalsubstanz erforderlich, deren Kosten im Voraus nur schwer abzuschätzen sind. Im Gegensatz zum Bürotrakt erlaubt die vorhandene Bausubstanz dieser beiden Gebäude aus statischer Sicht eine Weiternutzung.

Das Saarland als Haushaltsnotlageland hat für solche Maßnahmen nur begrenzte finanzielle Mittel zur Verfügung, deren Einsatz und Verwendung gut überlegt sein müssen. Eine Renovierung oder Rekonstruktion des Bürotraktes des Pingusson-Baus ist aus Steuerzahlersicht abzulehnen. Zu hoch und letztlich zu unkalkulierbar sind die Kosten, zu unpraktisch für einen Ministeriumsbetrieb ein Wiederaufbau nach den ursprünglichen Plänen. Bliebe somit als einzig realisierbare Alternative nur ein Abriss übrig.

Denkbar wäre ein Ministeriumsneubau an Stelle des baufälligen achtgeschossigen Bürotraktes, der losgelöst von dem ursprünglichen Pingusson-Entwurf in eine Ensemble-Lösung mit den beiden verbleibenden  Gebäuden integriert ist und eine zweckgerechte Nutzung als Ministerium ermöglicht. Voraussetzung muss allerdings sein, dass eine zuverlässige Wirtschaftlichkeitsanalyse die erforderlichen Daten liefert, die Grundlage einer Entscheidung unter Kostenabwägung möglich macht.

Nur so kann aus Sicht des Bundes der Steuerzahler Saarland einer Baukostenexplosion entgegengewirkt werden, deren Folgen letztlich zulasten des saarländischen Steuerzahlers gehen würden.

 

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