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© Thomas Lammertz

Ideen zur Rettung der Stadtteilzentren, Teil 8

Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen e. V. / Newsticker Nordrhein-Westfalen / Meldungen 12.06.2023, Jens Ammann

Im Sommer 2020 hatte die Landesregierung Nordrhein-Westfalen den Innenstadtfonds „Sofortprogramm Innenstädte“ mit 70 Millionen Euro aus dem Corona-Rettungsschirm ins Leben gerufen. 2021 folgten weitere 30 Millionen Euro aus dem „Sofortprogramm Innenstadt“. Es ging „um die ganzheitliche Betrachtung des Marktplatzes Innenstadt, der Innenstadt als Wirtschafts-, Wohn-, Kultur- und Stadtlebensraum in Gegenwart und Zukunft“.

99,2 der 100 Millionen Euro fanden ihre Abnehmer: 473 Anträge aus 225 Kommunen wurden genehmigt. Das Programm schien Vorbildfunktion zu haben: Im Juli 2021 startete die Bundesregierung ihr Programm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“, das sich in seiner Ausgestaltung eng an der NRW-Konzeption und Umsetzung orientiert hat. In NRW werden 33 Projekte gefördert. Im April 2023 hat das NRW-Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung ein neues Förderangebot für die Kommunen herausgegeben: „Zukunftsfähige Innenstädte und Ortszentren Nordrhein-Westfalen“. Weitere 35 Millionen Euro sollen den Kommunen helfen; allerdings haben sie nur bis zum 15. Juni 2023 Zeit, ihre Anträge zu stellen.

Der Rat ist außen vor

Schnelle Verfahren sind aus Sicht des BdSt NRW gut und richtig. Doch diese extrem kurze Frist birgt eine Gefahr, denn für einen Antrag ist kein Beschluss des Stadt- der Gemeinderates notwendig. Der Antrag wird von der Verwaltung bzw. der Bürgermeisterin oder dem Bürgermeister gestellt. Allerdings ist der Rat „unverzüglich über eine Antragstellung zu informieren und die mit der Antragstellung verbundenen Ziele sind gegenüber dem Rat darzulegen“. Sofern er für das angestrebte Projekt keine Haushaltsmittel bereitgestellt hat und mit den Ideen der Verwaltung nicht einverstanden ist, könnte er die Reißleine ziehen. Doch der kritische Blick auf Risiken und Folgekosten trübt sich schnell, wenn Fördermittel in Aussicht stehen. Deshalb wäre eine längere Antragsfrist besser, so dass sich die gewählten Räte mit den Projekten auseinandersetzen können. Ein Ratsbeschluss sollte verpflichtend sein.

Vier Förder-Säulen

Die 35 Millionen Euro sind in erster Linie für die Kommunen vorgesehen, die von Filialschließungen großer Handelsunternehmen betroffen sein können. Die ersten fünf Millionen Euro sind bereits verplant: Sie wurden den Städten im Land versprochen, die von Karstadt-Schließungen betroffen sind.
Der kommunale Regelfördersatz beträgt 60 % der Ausgaben, die unter die Förderung fallen. Sie werden mit Zu- und Abschlägen von je 10 % zum Strukturausgleich für die Arbeitslosigkeit und für die finanzielle Leistungsfähigkeit der Gemeinden verbunden. Die Förderung besteht aus vier Säulen:

  1. Mit dem „Verfügungsfonds Anmietung“ können ab 1. Januar 2024 leerstehende oder vom Leerstand bedrohte Ladenlokale angemietet und weitervermietet werden. Auch die Herrichtung der Ladenlokale für die neue Nutzung wird gefördert.
  2. Das „Unterstützungspaket Einzelhandelsgroßimmobilien“ soll Kommunen mit leerstehenden oder von potenziellem Leerstand betroffenen Einzelhandelsgroßimmobilien befähigen, „auf Augenhöhe und mit klarer inhaltlicher Zielsetzung ihre Rolle als starke Anwälte der Innenstädte und Ortszentren wahrnehmen zu können und/oder einen Zwischenerwerb dieser Gebäude zu ermöglichen“. Gefördert werden z.B. Machbarkeitsstudien für eine Nachnutzung betroffener Standorte, aber auch städtebauliche Planungen und integrierte Handlungskonzepte, Beratungen und/oder Gutachten. Kauft eine Kommune ein Gebäude als Zwischenerwerb bis zu drei Jahren, fördert das Land die Grunderwerbsnebenkosten, Maßnahmen zur Verkehrssicherung und Betriebskosten, in Einzelfällen auch den Abriss.
  3. Mit dem „Anstoß eines Zentren-Managements“ sollen sich Städte und Gemeinden planerisch und konzeptionell für die eigene Innenstadt bzw. das jeweilige Ortszentrum aufstellen. Gefördert werden zum Beispiel Analysen über heutige Verkaufsflächen und deren Zukunftsfähigkeit, Maßnahmen zur Erfassung und Vermittlung von Leerständen sowie Beratungsleistungen, der Aufbau eines digitalen Leerstands- und Ansiedlungsmanagements oder Maßnahmen des Innenstadtmarketings.
  4. Die „Schaffung von Innenstadtqualitäten“ soll die Attraktivität und Aufenthaltsqualität, aber auch die Sicherheit und Sauberkeit fördern. Konkrete Maßnahmen wären die Erarbeitung einer Gestaltungssatzung durch Dritte, Spielangebote für Kinder, generationengerechte Möblierung wie innovative Stadt-Liegen oder Stadt-Bänke, Stadtgrün-Elemente wie Bäume, Fassadenbegrünung, mobile Pflanzkübel oder Kunstobjekte.

Der Bund der Steuerzahler NRW meint

Der BdSt NRW sieht die Notwendigkeit, den Städten zu helfen. Es ist auch gut, wenn sie eigenverantwortlich entscheiden können. Doch ist es mit Landes- oder Bundesgeld alleine getan? Werden einzelne Prozesse vielleicht sogar verhindert oder in die Zukunft verlagert? Führen Teile der Programme zu Scheinaktivitäten oder fragwürdigen Ausgaben? Innovative Möblierung mag nett sein, in Wuppertal haben es aber goldene Bänke zu einer bundesweiten Medienberichterstattung gebracht – und der Tenor war stets: „Zu teuer“. Steuerzahler aus Mülheim an der Ruhr berichten meist lästernd über die aus Bundesmitteln geförderten großen Blumenkübel in der Innenstadt. Oft scheint die Steuergeld-Verwendung nicht zielführend. Deshalb sollte aus Sicht des BdSt NRW eine zwingende Voraussetzung für die Gewährung solcher Gelder sein, dass ein Stadt- oder Gemeinderat zuvor ein Konzept verabschiedet, das auch das Land überzeugt.  
Wenn Kommunen Einfluss auf die Entwicklung ihrer Innenstädte und Zentren nehmen wollen, bedarf es kreativer Ideen und Visionen. Mittel für Beratungen, Konzepte oder Strategien können daher sinnvoll sein. Doch wenn sich ein Stadt- oder Gemeinderat für ein Konzept entscheidet, kann es nur aufgehen, wenn es ganzheitlich umgesetzt wird. Es hilft nichts, wenn am Ende nur Blumenkübel oder Bänke herumstehen.

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