
Thomas Meyer
„Als eine der größten landesweiten Bürgerinitiativen in Sachsen liegt uns die Zukunft unseres schönen Freistaates und die unserer Kinder und Enkel am Herzen. Der Schlüssel zum Erfolg ist eine ausgewogene Einnahmen- und Ausgabenpolitik im Land. Machen wir uns gemeinsam dafür stark.“Schwarzbuch 2022/2023
Im aktuellen Schwarzbuch sind die folgenden fünf Fälle aus Sachsen enthalten:
Fall 1: Schlechtes Geschäft für den Steuerzahler

Leipzig. Der Verkauf eines knapp 1,8 ha großen bebauten Grundstücks im Jahr 2014 an einen privaten Investor kommt die Stadt Leipzig jetzt teuer zu stehen. Die seinerzeit für rund 500.000 Euro veräußerte Liegenschaft erwirbt die Stadt jetzt für rund 15 Mio. Euro zzgl. 750.000 Euro Nebenkosten vom damaligen Käufer zurück.
Fehlende Kommunikation zwischen städtischen Ämtern war wohl der Grund dafür, dass das Liegenschaftsamt der Stadt Leipzig 2014 einen Gebäudekomplex in der Friederikenstraße 37, der ursprünglich als Ingenieurschule mit Wohnheim konzipiert war, veräußerte. Bereits damals warnten Fachleute vor einem möglichen Schaden in Millionenhöhe allein dadurch, dass die Kommune ein Grundstück verkauft hat, das später noch gebraucht werden könnte.
Und so kam es: Bereits kurz nach dem Verkauf bot der Käufer dem Leipziger Sozialamt die Immobilie als Flüchtlingsheim zur Miete an. Der Freistaat Sachsen war jedoch schneller – und das städtische Sozialamt hatte mit seiner Bedarfsanmeldung das Nachsehen. Infolge des Ukraine-Kriegs verschärfte sich 2022 nun die Lage am Wohnungsmarkt: Die Stadt suchte händeringend nach Möglichkeiten für die Notunterbringung geflüchteter Menschen. Auf der Grundlage einer Eilentscheidung des Bürgermeisters wurde der Gebäudekomplex seit April 2022 von der Stadt für eine Festmietzeit von 5 Jahren und eine Nettokaltmiete von 54.000 Euro im Monat angemietet.
Am 16.6.2022 beschloss dann der Stadtrat den „strategischen“ Ankauf des Grundstücks für die Notunterbringung von geflüchteten Menschen. Der Preis für den Ankauf liegt bei rund 15 Mio. Euro, also dem 30-fachen des Verkaufserlöses aus dem Jahr 2014 und wird als Kredit für Flüchtlingseinrichtungen über das KfW-Sonderprogramm finanziert. Die Kritiker des Grundstückverkaufs hatten also Recht behalten.
Der Bund der Steuerzahler Sachsen e. V. kritisiert:
Mangelnde Weitsicht kostet den Steuerzahler nun Millionen. Dabei ist der Abschluss des Mietvertrags durch Eilentscheidung genauso erklärungsbedürftig wie der Rückkauf ohne schlüssiges Nachnutzungskonzept. Nicht nachzuvollziehen ist auch die Einschätzung der Verwaltung, dass der Ankaufspreis in Höhe von rund 15 Mio. Euro angemessen sei.
Fall 2: Zu klein für ein Feuerwehrauto

Paulsdorf. Die Stadt Dippoldiswalde hat 2012 bei der Erweiterung eines Feuerwehrgerätehauses die gültigen Baunormen nicht beachtet. Die Folge: Das 2023 neu anzuschaffende Feuerwehrauto wird nicht durch das Einfahrtstor passen.
Die Stadt Dippoldiswalde hat in den Jahren 2012/13 ihr Feuerwehrhaus im Ortsteil Paulsdorf von 50 qm auf 150 qm erweitert. Kosten: 329.000 Euro, davon 97.000 Euro Fördermittel.
10 Jahre später wird ein neues Feuerwehrfahrzeug benötigt – doch keines der derzeit am Markt verfügbaren Fahrzeuge wird durch das Einfahrtstor des Feuerwehrgerätehauses passen. Bei der Toreinfahrt wurden nämlich die geänderten Maßvorgaben der seit 1.4.2012 gültigen DIN-Normen übersehen. Dieses Problem könnte jetzt nur noch durch einen weiteren Anbau gelöst werden. Dieser Bau würde insgesamt rund 384.000 Euro kosten, darin enthalten sind 110.000 Euro Zusatzkosten für die Stadt, die jetzt nachholen muss, was sie damals versäumt hat.
Zu dumm, dass es aus unerklärlichen Gründen kaum Unterlagen zu dem Erweiterungsbau von 2012/13 existieren, die die Entscheidung, seinerzeit nicht normgerecht zu bauen, erklären könnte.
Der Bund der Steuerzahler Sachsen e. V. meint:
Um derartige Schildbürgerstreiche zukünftig zu vermeiden, empfiehlt sich eine genaue Planung, normenkonforme Durchführung und Dokumentation des Bauvorhabens durch die Bauverwaltung.
Fall 3: Sächsische Onlinewache – mehr Schein als Sein

Dresden. Die Onlinewache der Polizei in Sachsen ist nicht mehr als ein elektronischer Briefkasten. Die Erfassung der Informationen aus den eingehenden Online-Anzeigen in das „Integrierte Vorgangsbearbeitungssystem“ erfolgt manuell. Der daraus resultierende Mehraufwand verursacht unnötige Kosten.
Seit mehr als 12 Jahren können Strafanzeigen in Sachsen über die sogenannte Onlinewache erstattet werden. Dass dies von den Bürgern gut angenommen wird, zeigt die Zahl der eingegangenen Anzeigen. Diese hat sich seither mehr als verzehnfacht und lag 2020, laut sächsischem Landesrechnungshof, bei 55.402.
Das Problem: Die Erfassung der Informationen aus den Online-Anzeigen in das „Integrierte Vorgangsbearbeitungssystem“ erfolgt händisch durch Polizisten. Der damit verbundene Mehraufwand besteht seit mehr als 10 Jahren, da das System nicht modernisiert wurde und somit eine durchgängige digitale Verarbeitung verhindert wird.
Nicht zuletzt deshalb lagen die Personal- und Sachkosten für die Entgegennahme und Erfassung der Online-Anzeigen im Jahr 2020 bei rund 1,7 Mio. Euro – Tendenz steigend, wie der Landesrechnungshof kritisch feststellt. Bei diesem Verfahren wurden zudem Verstöße gegen die drei Grundwerte der Informationssicherheit – Verfügbarkeit, Vertraulichkeit und Integrität – festgestellt.
Anstatt, wie vorgesehen, durch technische Weiterentwicklung den Arbeitsaufwand zu senken und gleichzeitig Möglichkeiten für eine schnelle sowie effektive Bearbeitung zu sichern, wurde die Dezentralisierung vorgezogen und damit der steigende Aufwand für die Bearbeitung der Online-Anzeigen in die Polizeidirektionen verlagert.
Der Bund der Steuerzahler Sachsen e. V. fordert:
Das System muss zeitnah modernisiert werden, um den Aufwand deutlich zu senken. Der Schlüssel zur Lösung des Problems wäre eine durchgängige digitale Verarbeitung der Daten, um den Aufwand zu senken und nicht bloß zu verteilen.
Fall 4: Aufruf zum Impfen – koste es, was es wolle

Dresden. Sachsens Ministerpräsident und seine Gesundheitsministerin warben im Februar 2022 mit einem Brief an über 60-Jährige noch einmal dafür, sich impfen zu lassen, obwohl in Sachsen vier Fünftel der Menschen in dieser Altersgruppe bereits mindestens eine Impfung erhalten hatten.
Nicht immer heiligt der Zweck die Mittel
Effiziente öffentlichkeitswirksame Aktivitäten der Staatsregierung, die darauf abzielen, zu informieren und die Folgen der Coronapandemie abzumildern, sind grundsätzlich zu begrüßen.
Eine gemeinsame Briefaktion des Ministerpräsidenten und der Gesundheitsministerin schießt jedoch über das Ziel hinaus. Der Brief sollte laut Ministerpräsidenten „ein Anstoß sein, jetzt zu handeln und sich impfen zu lassen, soweit das noch nicht geschehen ist“.
Von den rund 1,4 Mio. angeschriebenen Bürgern waren aber bereits mehr als 82 Prozent (1,15 Mio.) mindestens einmal geimpft. Viele davon planten eine Auffrischungsimpfung oder hatten sie schon erhalten.
Entscheidendes Kriterium bei der Auswahl der Briefempfänger war einzig das Alter: 60 +. Bei vielen der bereits geimpften Briefempfänger sorgte das Schreiben für Irritationen und Unverständnis, nicht zuletzt auch wegen der Kosten. Immerhin beliefen sich diese auf knapp 763.000 Euro – und von diesen Ausgaben entfallen rund 627.000 Euro auf Briefe an die bereits mindestens einmal Geimpften.
Der Bund der Steuerzahler Sachsen e. V. fordert:
Bei künftigen Informationsschreiben der Staatsregierung sollte der Adressatenkreis zielgenau definiert und ausgewählt werden.
Fall 5: Zu groß und zu teuer
Alle drei mitteldeutschen Landtage leisten sich bezogen auf die Einwohnerzahl überdurchschnittlich viele Abgeordnete. Die Abweichungen zum Durchschnitt der Flächenländer sind gravierend. In einer 5-jährigen Legislaturperiode könnten selbst bei einer moderaten Reduzierung von jeweils 20 Abgeordneten im jeweiligen Landeshaushalt allein bei den Diäten und monatlichen Aufwandsentschädigungen Millionenbeträge eingespart werden. Hinzu kommt eine Vielzahl weiterer Einsparungen im Zusammenhang mit der Ausstattung der Abgeordneten, die aus Steuermitteln finanziert werden.
Dresden (SN). Erfurt (TH). Magdeburg (ST).
In allen drei mitteldeutschen Ländern wird von Zeit zu Zeit über Parlamentsreformen diskutiert. In diesem Zusammenhang geht es auch um wichtige finanzielle Stellschrauben im Bereich der Politikfinanzierung. So kann mit der Änderung der Zahl der Wahlkreise die Größe der jeweiligen Landtage verändert werden. Ebenso können durch Änderungen der Abgeordneten- sowie Fraktionsgesetze wichtige Ausgabepositionen, die aus Steuermitteln finanziert werden, beeinflusst werden.
Legt man die Zahl der Einwohner je Abgeordneter als wichtigen Maßstab in den Flächenländern zugrunde, so ergibt sich für alle Flächenländer ein Durchschnitt von 50.564 Einwohnern je Abgeordneter. Sachsen liegt mit einer Einwohnerzahl von 4.056.941 und 119 Abgeordneten bei einem Wert von 34.092. In Thüringen kommen bei einer Einwohnerzahl von 2.120.237 und 90 Parlamentariern im Landtag auf einen Abgeordneten nur rund 23.558 Einwohner. In Sachsen-Anhalt sind es bei 2.180.684 Einwohnern und 97 Abgeordneten sogar noch weniger, nämlich nur 22.481 Einwohner je Abgeordneter.
Der Vergleich zeigt auf, dass sich alle drei mitteldeutschen Landtage bezogen auf die Einwohnerzahl deutlich mehr Abgeordnete als der Durchschnitt der Flächenländer leisten. Die Abweichungen zum Durchschnitt sind erheblich und können auch nicht mit dem Hinweis auf das in der Durchschnittszahl enthaltene große Bundesland Nordrhein-Westfalen erklärt werden. Zusammen haben die drei mitteldeutschen Länder 306 Abgeordnete in den Landesparlamenten bei einer Gesamtzahl von rund 8,4 Mio. Einwohnern. Ein möglicher rechnerischer Vergleich mit dem Land Niedersachsen zeigt die gravierende Diskrepanz und erhebliche Besserstellung der mitteldeutschen Landtage auf. In Niedersachsen wird die Arbeit im Landtag von nur 137 Abgeordneten für rund 8 Mio. Einwohner geleistet. Bei einer moderaten Reduzierung von jeweils 20 Abgeordneten in jedem der drei Landtage würde immer noch eine überdurchschnittliche und großzügige Ausstattung bestehen.
Jeder zusätzliche Abgeordnete kostet die Steuerzahler zunächst die monatliche Diät und die steuerfreie Aufwandsentschädigung. Wenn in jedem der drei Landtage 20 Abgeordnete weniger säßen, könnten in einer 5-jährigen Legislaturperiode in jedem Landeshaushalt Millionenbeträge eingespart werden. 20 zusätzliche Abgeordnete bedeuten in Sachsen, bei einer Diät von rund 6.237 Euro und einer monatlichen Aufwandsentschädigung von 3.357 Euro, in 5 Jahren Zusatzkosten von rund 11,5 Mio. Euro. In Thüringen betragen die Zusatzkosten für 20 Abgeordnete bei einer monatlichen Diät von rund 6.037 Euro und einer Aufwandsentschädigung von fast 1.800 Euro rund 9,4 Mio. Euro. In Sachsen-Anhalt können für 20 zusätzliche Abgeordnete bei einer Diät von rund 7.440 Euro und einer Aufwandsentschädigung von 1.981 Euro für 5 Jahre zusätzliche Kosten von rund 11,3 Mio. Euro errechnet werden.
Neben der Diät und der steuerfreien Aufwandsentschädigung erhalten die Abgeordneten eine Vielzahl weiterer Leistungen, die aus Steuermitteln finanziert werden. Dies betrifft z. Bsp. die Erstausstattung der Abgeordnetenbüros sowie die Aufwendungen für die Beschäftigung und Fortbildung von Mitarbeitern in den Wahlkreisbüros. In dieser Betrachtung sind die teilweise exorbitanten Altersversorgungsansprüche der Abgeordneten noch nicht einmal enthalten. Die unfassbar hohen Altersversorgungsansprüche der Abgeordneten überragen insbesondere in Thüringen und Sachsen-Anhalt die Rentenansprüche für einen sehr gut verdienenden Angestellten oder Arbeiter mit vergleichbaren(!) Monatseinkommen um ein Vielfaches. Selbst die relativ großzügige Beamtenversorgung, wie z.B. für einen Richter führt zu deutlich geringeren Pensionsansprüchen als bei den Abgeordneten.
Bei der Bewertung ist weiterhin zu berücksichtigen, dass Abgeordnete mit besonderen parlamentarischen Funktionen im unterschiedlichen Maße eine erhöhte monatliche Abgeordnetendiät erhalten.
Bund der Steuerzahler Sachsen-Anhalt e. V., Bund der Steuerzahler Thüringen e. V. und Bund der SteuerzahlerSachsen e. V. kritisieren:
In allen drei mitteldeutschen Ländern muss sobald wie möglich eine Reform des Wahlrechts erfolgen. Die Zahl der Wahlkreise sollte soweit verringert werden, dass die Landtage künftig mindestens 20 Abgeordnete weniger aufweisen als gegenwärtig. Selbst bei einer solchen moderaten Reduzierung würde die Zahl der Abgeordneten, gemessen an der Einwohnerzahl, in allen drei Landesparlamenten noch deutlich über dem Durchschnitt der Flächenländer liegen. Ebenso ist eine deutliche Reduzierung der exorbitanten Höhe der Altersentschädigungsansprüche der Abgeordneten notwendig. Die Selbstbedienungsmentalität zu Lasten der Steuerzahler muss endlich ein Ende haben.