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Wirecard-Insolvenz: Aktionäre gehen leer aus
Die Aktionäre derinsolventen Wirecard AG sind mit ihren kapitalmarktrechtlichenSchadensersatzansprüchen nicht als einfache Insolvenzgläubiger an derVerteilung der Insolvenzmasse zu beteiligen. Das hat der Bundesgerichtshof(BGH) entschieden. Da die Insolvenzmasse schon nicht ausreicht, um dieeinfachen Gläubiger zu befriedigen, werden die Aktionäre damit wohl leerausgehen.
Rund 50.000Aktionäre der Wirecard AG hatten Schadensersatzforderungen aufgrund des Erwerbsder Aktien in Höhe von rund 8,5 Milliarden Euro zur Insolvenztabelle angemeldet.Mit den Ansprüchen weiterer Gläubiger sind insgesamt Forderungen in Höhe vonrund 15,4 Milliarden Euro zur Tabelle angemeldet. Die derzeit vorhandeneInsolvenzmasse beträgt etwa 650 Millionen Euro.
Geklagt hatte einedeutsche Kapitalanlagegesellschaft, die Wirecard-Aktien erworben hatte. Siemeint, ihr stünden kapitalmarktrechtliche Schadensersatzansprüche gegen dieGesellschaft zu. Die Wirecard AG habe ein tatsächlich nicht vorhandenesGeschäftsmodell vorgetäuscht und über ihre Vermögens-, Finanz- und Ertragslagegetäuscht. Bei Kenntnis der wahren Sachlage hätte die Klägerin keine Aktienerworben.
Die Klägerinmeldete deshalb Ansprüche in Höhe von insgesamt 9.836.098,79 Euro als einfacheInsolvenzforderungen nach § 38 Insolvenzordnung (InsO) zur Insolvenztabelle an.Der Insolvenzverwalter aber meinte, bei diesen Ansprüchen handele es sich nichtum einfache Insolvenzforderungen. Die Forderungen seien nur zu berücksichtigen,soweit bei Beendigung des Insolvenzverfahrens ein Überschuss vorhanden sei.
Der BGH hat dieseAnsicht jetzt bestätigt. Die von der Klägerin zur Tabelle angemeldetenForderungen stellten keine einfachen Insolvenzforderungen gemäß § 38 InsO dar.Kapitalmarktrechtliche Schadensersatzansprüche der Aktionäre seien derart mitder Stellung als Aktionär verknüpft, dass sie in der Insolvenz der Gesellschafthinter den Forderungen einfacher Insolvenzgläubiger gemäß § 38 InsOzurücktreten.
Einkapitalmarktrechtlicher Schadensersatzanspruch eines Aktionärs unterscheidesich grundlegend von Ansprüchen einfacher Insolvenzgläubiger. Er entstehe nuraufgrund der Beteiligung als Aktionär. Wirtschaftlich kompensiere er die –täuschungsbedingt – fehlgeschlagene Investition in eine eigeneGeschäftstätigkeit, nämlich die der Gesellschaft, an der sich der Aktionärbeteiligt. Bei der Haftung gegenüber der Klägerin gehe es daher um denAusgleich von Schäden, die notwendig mit ihrer Aktionärsstellungzusammenhängen. Die insolvenzrechtliche Rangfolge aber setze solche auf denErwerb der Aktie bezogene Forderungen hinter diejenigen der einfachenInsolvenzgläubiger nach § 38 InsO zurück, so der BGH.
Für einenGleichrang mit einfachen Insolvenzgläubigern genüge es auch nicht, dieTäuschung der Aktionäre in den Blick zu nehmen, weil dies ausblendet, dassZweck des Rechtsgeschäfts der Erwerb einer Beteiligung an der Gesellschaft war.Der Aktionär habe daher die mit seiner Stellung verbundenen Risiken zu tragen.
Bundesgerichtshof, Urteilvom 13.11.2025, IX ZR 127/24