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Unwirksames Verwahrentgelt: Bank muss betroffene Kunden per Brief oder E-Mail informieren
Hat die Bank unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) verwendet – hier eine Verpflichtung zur Zahlung eines Verwahrentgelts bei Verträgen über Spareinlagen – ist sie zur Folgenbeseitigung verpflichtet. Zur Beseitigung einer durch unwirksame AGB entstandenen Fehlvorstellung kann es erforderlich sein, die betroffenen Kunden individualisiert per Post oder E-Mail über die Unwirksamkeit der Klausel zu informieren. Das entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main.
Eine deutsche Geschäftsbank ist vom Bundesgerichtshof rechtskräftig verurteilt worden, es zu unterlassen, in ihren AGB von Verbrauchern für Verträge über Spareinlagen bei Überschreiten eines bestimmten Freibetrags ein Verwahr- und Guthabenentgelt zu verlangen (Urteil vom 04.02.2025, IX ZR 183/22). Ein Verbraucherverband meint, die Bank müsse die vom Verwahrentgelt betroffenen Kunden über die Unwirksamkeit der Klausel informieren.
Das Landgericht sah das genauso und verurteilte die Bank dazu, die betroffenen Verbraucher binnen vier Wochen durch individualisierte Berichtigungsschreiben über die Unwirksamkeit der Klausel zu informieren.
Das OLG hat im Grundsatz bestätigt, dass die Bank eine der Richtigstellung dienenden Information versenden müsse. Die Bank habe durch die Vereinbarung unwirksamer AGB eine unzulässige geschäftliche Handlung vorgenommen, begründete das OLG. Deshalb sei sie nach §§ 8 Absatz 1, 3, 3a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb zur Beseitigung der dadurch entstandenen und fortdauernden widerrechtlichen Folgen verpflichtet. Durch den Abschluss der Verträge unter Einbeziehung der streitigen Klauseln sei eine Fehlvorstellung bei den Verbrauchern entstanden. Diese werde nicht allein durch die rechtskräftige Verurteilung zur Unterlassung beseitigt. Die widerrechtliche Störung dauere vielmehr an, solange keine richtigstellende Information übermittelt werde.
Das Schreiben sei individualisiert per Post oder E-Mail zu versenden – und zwar an die Kunden, deren Verträge die streitgegenständliche Klausel enthielten und die ab Abschluss der Vereinbarung Verträge über klassische unbefristete Spareinlagen bei der Bank unterhalten haben. Diese Verpflichtung sei erforderlich; ihre Erfüllung der Bank auch möglich und zumutbar. Insbesondere sei durch ein direkt an die betroffenen Verbraucher gerichtetes Schreiben deutlich besser als durch Einstellen der Information auf der Online-Banking-Seite gewährleistet, dass diese den Inhalt auch wahrnehmen und lesen. Für das OLG auch maßgeblich: Die hier relevanten Spareinlagen wurden häufig gerade von älteren Menschen gehalten, die im Umgang mit dem Online-Banking nicht ausreichend versiert sind.
Die Verpflichtung besteht laut OLG auch gegenüber Verbrauchern, gegenüber denen sich die Bank auf die Einrede der Verjährung berufen könnte. Die Bank habe nach Mitteilung einer Liste mit den pseudonymisierten Kontaktdaten der betroffenen Kunden gegenüber einer zur Verschwiegenheit verpflichteten Person zwei Monate Zeit, die Versendung der individualisierten Schreiben zu veranlassen.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 13.06.2025, 3 U 286/22