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Sitzverlegung einer Kapitalgesellschaft: Vermögensrechtliche Wiedergutmachung
Der verfolgungsbedingte Verlust von Aktienanteilen an einerin Berlin (Ost) ansässigen Bank in der NS-Zeit kann in entsprechender Anwendungdes § 1 Absatz 6 Vermögensgesetz (VermG) Wiedergutmachungsansprüche begründen,wenn der Sitz der Bank erst nach Ablauf der rückerstattungsrechtlichenAnmeldefristen nach Berlin (West) oder Westdeutschland verlegt wurde. Das hatdas Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden.
Die Klägerin macht Entschädigungsansprüche wegen desverfolgungsbedingten Verlusts von Aktienbeteiligungen an einer Berliner Bank imZeitraum von 1933 bis 1937 geltend. Die Bank hatte ihren Sitz im späterenBeitrittsgebiet in Berlin-Mitte. Nach ihrer Beschlagnahme durch die sowjetischeBesatzungsmacht wurde einer ihrer Prokuristen in Berlin (West) zum Notvertreterbestellt. Seine Vertretungsbefugnis erstreckte sich nicht auf das Vermögen derBank im sowjetischen Sektor. Zu einer satzungsgemäßen Sitzverlegung kam esnicht vor Ablauf der Anmeldefristen für rückerstattungsrechtlicheWiedergutmachungsansprüche.
Das Bundesamt für zentrale Dienste und offeneVermögensfragen lehnte die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche für denverfolgungsbedingten Verlust der Anteile ab. Das Verwaltungsgericht (VG) hatdie Klage abgewiesen. Mit der Bestellung des Notvertreters sei ein Sitz derBank in Berlin (West), im Geltungsbereich des alliierten Rückerstattungsrechts,begründet worden. Deshalb seien das Vermögensgesetz und das daran anknüpfendeNS-Verfolgtenentschädigungsgesetz nicht anwendbar.
Die Revision der Klägerin hatte Erfolg. § 1 Absatz 6 VermGist laut BVerwG entsprechend anzuwenden, wenn im Beitrittsgebiet entzogeneVermögenswerte vor Inkrafttreten des Vermögensgesetzes, aber erst nach Ablaufder rückerstattungsrechtlichen Anmeldefristen nach Berlin (West) oderWestdeutschland verbracht wurden. Aktienanteile seien am Sitz der jeweiligenGesellschaft belegen. Dieser habe sich bei der geltend gemachten Entziehung derAktien in Berlin (Ost) befunden. Zur Sitzverlegung reichte nach Ansicht desBVerwG die Bestellung eines Notvertreters nicht aus. Dazu sei ein konstitutiverAkt, etwa ein Beschluss der satzungsrechtlich zuständigen Organe, erforderlich.Bis zum maßgeblichen Stichtag 30.06.1950 seien diese Voraussetzungen nichterfüllt gewesen.
Da das angegriffene Urteil keine Feststellungen zu densonstigen Anspruchsvoraussetzungen getroffen hat, hat das BVerwG die Sache andas VG zurückverwiesen.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 10.12.2025, BVerwG 8 C6.24