Einführung elektronischer Beurkundungen: Gesetzentwurf zur weiteren Digitalisierung
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Klagen vor dem Amtsgericht: Neues Online-Verfahren soll erprobt werden
Wer vor dem Amtsgericht (AG) eine Geldforderung einklagen will, dem soll dafür künftig ein einfaches, nutzerfreundliches und durchgängig digital geführtes Gerichtsverfahren offenstehen. Das sieht ein Gesetzentwurf vor, den das Bundesjustizministerium am 13.06.2025 veröffentlicht hat. Die Erprobung des neuen Online-Verfahrens soll nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens an ausgewählten Amtsgerichten beginnen.
Mit dem zivilgerichtlichen Online-Verfahren soll der Zugang zur Justiz im Bereich kleiner Streitwerte vereinfacht und verbessert werden. Gleichzeitig soll durch die Strukturierung des Prozessstoffs, die durchgängige Digitalisierung der Verfahrensabläufe und die stärker datenbasierte Kommunikation die Arbeit an den Gerichten, insbesondere in Massenverfahren, effizienter und ressourcenschonender gestaltet werden. Die Erprobung des Online-Verfahrens ist auf einen Zeitraum von zehn Jahren angelegt. Um das Online-Verfahren weiterzuentwickeln, ist nach vier sowie acht Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes eine Evaluierung vorgesehen.
Der Gesetzentwurf wurde bereits in der letzten Legislaturperiode eingebracht. Er wurde in kleinen Teilen ergänzt und sieht insbesondere folgende Regelungen vor:
Die Rechtsuchenden sollen bei der Erstellung einer Klage durch Informationsangebote und Abfragedialoge unterstützt werden. Für die Klageeinreichung wird zunächst weiterhin der elektronische Rechtsverkehr genutzt. Bürgern soll der kostenlose Dienst "Mein Justizpostfach" zur Verfügung stehen. Die Anwaltschaft soll über die bestehende Infrastruktur des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) in die Erprobung einbezogen werden.
Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten vor den Amtsgerichten, die auf Zahlung einer Geldsumme gerichtet sind, sollen erfasst werden. Die Landesregierungen sollen ermächtigt werden, durch Rechtsverordnung die Amtsgerichte zu bestimmen, die das Online-Verfahren im Echtbetrieb erproben.
Die allgemeinen Verfahrensregeln der ZPO sollen durch Erprobungsregelungen ergänzt werden, insbesondere durch erweiterte Möglichkeiten eines Verfahrens ohne mündliche Verhandlung, eine Ausweitung von Videoverhandlungen und durch Erleichterungen im Beweisverfahren. Die Verkündung eines Urteils im Online-Verfahren soll durch dessen rechtswirksame digitale Zustellung ersetzt werden können.
Der Prozessstoff soll unter Nutzung von elektronischen Dokumenten, Datensätzen und Eingabesystemen digital strukturiert werden können. Insbesondere für so genannte Massenverfahren (zum Beispiel im Bereich der Fluggastrechte) sollen technische Standards und Dateiformate für die Datenübermittlung und eine ressourcenschonende Bearbeitung festgelegt werden.
Die rechtlichen Grundlagen für eine neue Form der verfahrensbezogenen Kommunikation zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten sollen geschaffen werden. Anträge und Erklärungen können unmittelbar über eine Kommunikationsplattform abgegeben werden. Auch die Bereitstellung und gemeinsame Bearbeitung von Dokumenten durch die Parteien und das Gericht sowie die Zustellung von Dokumenten über die Plattform sollen ermöglicht werden. In einem ersten Schritt soll die Erprobung auf die Kommunikation zwischen Gericht und Anwaltschaft beschränkt werden.
Die Gerichtsgebühren für das Online-Verfahren sollen im Vergleich zum herkömmlichen Zivilverfahren abgesenkt werden, um einen wirtschaftlich attraktiven Zugang zum Recht für niedrigschwellige Forderungen zu schaffen.
Bundesjustizministerium, PM vom 13.06.2025