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Influencer-Streit: Keine wettbewerblichen Unterlassungsansprüche
Äußerungen eines Influencers über eine Influencerin können im Fall einer rechtswidrigen Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts Unterlassungsansprüche auslösen. Wettbewerbliche Unterlassungsansprüche bestehen mangels eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen den Influencern und dem fehlenden Charakter der Äußerungen als geschäftliche Handlungen nicht, urteilte das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main.
Die Klägerin, eine Content-Kreatorin und Streamerin, betreibt Accounts auf mehreren Plattformen, unter anderem YouTube, Twitter, TikTok und Instagram. In ihren Videos bespricht sie aktuelle politische Themen und setzt sich dabei insbesondere für Frauenrechte, Feminismus und Rechte der LGBTQ-Community ein. Zudem streamt sie Gaming-Content. Der Beklagte ist Streamer/Influencer und Webvideoproduzent. Er betreibt ebenfalls Accounts auf den genannten Plattformen.
Die Klägerin wendet sich gegen konkrete Äußerungen des Beklagten über sie in einem YouTube-Video. Die Klage war zum Teil erfolgreich: Laut OLG kann die Klägerin Unterlassung von Äußerungen wegen der Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts verlangen, soweit dieses das Recht des Beklagten auf Presse- beziehungsweise Meinungsfreiheit überwiege. Meinungsäußerungen genössen dabei einen sehr weiten Schutz, die Verbreitung unwahrer Tatsachen dagegen keinen. Für herabwürdigende Meinungsäußerungen müssten aber gewisse Anhaltspunkte gegeben sein, für die den Beklagten die Beweislast treffe.
Ausgehend hiervon dürfe der Beklagte etwa nicht weiter äußern, die Klägerin "hetzt Tag ein Tag aus (...)", es sei ihr Geschäftsmodell, "diesen Hass zu verbreiten und dieses Fake News", sie unterstelle anderen Menschen, sie sexuell zu belästigen. Bei diesen Äußerungen handele es sich um nicht erwiesen wahre Tatsachen. Als Meinungsäußerung hinnehmen müsse die Klägerin dagegen etwa die Äußerungen des Beklagten, sie verklage ihn, "weil es ihr nicht gefällt, was ich über sie sage (...)"; sie lege ein "mysogenes Verhalten" an den Tag, er halte sie für eine "Hatefluencerin", "sie verbreitet Hass, das ist ihr Content".
Auf wettbewerbliche Ansprüche könne sich die Klägerin nicht stützen, führte das OLG aus. Es fehle an einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien. Zwar seien beide "auf dem Streaming-Markt" tätig. Dies genüge jedoch für sich genommen nicht für die Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses. Insoweit sei zu beachten, dass der Beklagte in dem hier gegebenen Kontext weder eigene noch fremde Waren oder Dienstleistungen anpreise. Vielmehr stelle er mit den in diesem Rechtsstreit in Rede stehenden Äußerungen die (Rechts-) Streitigkeiten der Parteien dar, bewerte diese und bitte um Spenden zur Rechtsverteidigung oder bewertet die Beiträge der Klägerin.
Es sei nicht dargelegt, glaubhaft gemacht oder ersichtlich, dass der Vorteil der einen Partei zugleich einen Nachteil der anderen Partei bedeuten würde. Die geführten öffentlichen Auseinandersetzungen beeinträchtigten aber nicht die jeweils andere Partei, sondern dürften die Klickzahlen beider Parteien steigern, so das OLG. Darüber hinaus habe die Klägerin sich selbst dahingehend eingelassen, dass sie sich mit dem Spielen finanziere und den Rest "ehrenamtlich" mache, mithin nicht unternehmerisch.
Die Äußerungen stellten zudem keine geschäftlichen Handlungen dar, da sie nicht der Förderung des Absatzes von Waren oder Dienstleistungen dienten, sondern Informations- und Unterhaltungsfunktion hätten. Es handele sich um redaktionelle Beiträge, bei denen kein werblicher Überschuss gegeben sei.
Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 17.07.2025, 16 U 80/24