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EG-Typgenehmigung: Entlastet nicht von Haftung für unzulässige Abschalteinrichtung

08.08.2025

Ein Automobilhersteller kann sich nicht deshalb von seiner Haftung für eine unzulässige Abschalteinrichtung entlasten, weil eine EG-Typgenehmigung vorliegt. Zudem hindert das Unionsrecht weder daran, dass auf den Schadensersatzbetrag, der dem Erwerber geschuldet wird, ein Betrag angerechnet wird, der dem Vorteil der Nutzung dieses Fahrzeugs entspricht, noch, dass diese Entschädigung auf einen Betrag begrenzt wird, der 15 Prozent des Kaufpreises entspricht. Entscheiden ist laut Europäischem Gerichtshof (EuGH), dass diese Entschädigung eine angemessene Wiedergutmachung für den erlittenen Schaden darstellt.

Zwei Käufer von VW-Dieselfahrzeugen verlangen vor dem Landgericht (LG) Ravensburg Schadensersatz von VW, weil die Fahrzeuge mit einer angeblich unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet seien. Dabei handelt es sich um eine Software, die gemeinhin als "Thermofenster" bezeichnet wird und mit der ab einer Außentemperatur von 10 °C die Abgasrückführung verringert wird. Das hat zur Folge, dass die Stickoxidemissionen steigen. In einem der beiden Fahrzeuge war diese Software von an Anfang an eingebaut, in dem anderen wurde sie im Rahmen eines Fahrzeugsoftware-Updates aufgespielt.

In Anbetracht des Vorbringens von VW einerseits und des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 26.06.2023 andererseits, wonach sich ein Automobilhersteller zur Entlastung von seiner Haftung auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum hinsichtlich der Unzulässigkeit einer Abschalteinrichtung berufen kann, hat das LG Ravensburg dem EuGH mehrere Fragen nach der Auslegung der einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts vorgelegt.

Der EuGH antwortet erstens, dass sich ein Automobilhersteller nicht dadurch von seiner Haftung für eine unzulässige Abschalteinrichtung befreien kann, dass für den Fahrzeugtyp oder die Einrichtung selbst von der zuständigen nationalen Behörde eine Genehmigung erteilt wurde. Die EG-Typgenehmigung bedeute nämlich nicht zwangsläufig, dass die zuständige nationale Behörde die Einschätzung des Herstellers zur angeblichen Zulässigkeit der Abschalteinrichtung bestätigt hat.

Zweitens stellt der EuGH klar, dass die Haftung des Automobilherstellers sowohl dann gilt, wenn die unzulässige Abschalteinrichtung bei der Herstellung des Fahrzeugs eingebaut wurde, als auch dann, wenn sie später eingebaut wurde.

Drittens hindere das Unionsrecht grundsätzlich nicht daran, auf den Schadensersatzbetrag, der dem Erwerber eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestatteten Fahrzeugs geschuldet wird, dem durch diese Abschalteinrichtung ein Schaden entstanden ist, einen Betrag anzurechnen, der dem Vorteil der Nutzung dieses Fahrzeugs entspricht. Grundsätzlich stehe das EU-Recht auch einer Begrenzung dieser Entschädigung auf einen Betrag, der 15 Prozent des Kaufpreises des Fahrzeugs entspricht, nicht entgegen. Allerdings sei darauf zu achten, dass die Entschädigung eine angemessene Wiedergutmachung für den erlittenen Schaden darstellt. Das mit dem Rechtsstreit befasste Gericht müsse daher gegebenenfalls prüfen, ob die Anrechnung des Vorteils und die fragliche Beschränkung eine solche angemessene Entschädigung gewährleisten können.

Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 01.08.2025, C-666/23

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