Auch wenn Post nicht jeden Tag kommt: Zugangsvermutung Steuerbescheid
Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben, wenn er im Inland am vierten (zuvor bis Ende 2024 am dritten Tag) nach der Aufgabe zur Post übermittelt wird, es sei denn, er ist nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.
Der Bund der Steuerzahler (BdSt) Rheinland-Pfalz berichtet über einen Fall, den der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden hat: Einer Steuerzahlerin war ein Steuerbescheid vom 15.06.2018, einem Freitag, zugegangen. An ihrem Wohnort wird die Post allerdings nur an fünf Arbeitstagen und nicht samstags zugestellt. Des Weiteren war sie während einiger Tage abwesend und beauftragte jemanden mit der täglichen Postkastenleerung. Am Rückreisetag, dem 19.06.2018, ging ihr am Vormittag der Steuerbescheid durch die eigenhändige Leerung des Briefkastens zu. Sie übermittelte diesen an ihre Prozessbevollmächtigte, die am 19.07.2018 Einspruch einlegte. Das Finanzamt bewertete die Einspruchsfrist als überschritten und den Einspruch damit als unzulässig.
Das angerufene Finanzgericht berücksichtigte jedoch den Umstand, dass die Post nicht an sechs Werktagen zugestellt wird, und hielt den Einspruch für rechtmäßig.
Dagegen wandte der BFH laut BdSt ein, eine nicht an allen Werktagen erfolgte Zustellung stehe der Zugangsvermutung nicht entgegen. Vielmehr bedürfe es weitaus triftigerer Argumente, um die Zugangsvermutung zu erschüttern. Die Steuerzahlerin habe auch nicht glaubhaft darlegen können, dass der Steuerbescheid nicht bereits am Vortag beziehungsweise Nachmittag des 18.06.2018 in den Briefkasten eingeworfen wurde. Daher sei die Zugangsvermutung nicht ausreichend erschüttert worden.
Bund der Steuerzahler Rheinland-Pfalz e.V., PM vom 23.05.2025 zu Bundesfinanzhof, Urteil vom 20.02.2025, VI R 18/22