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Kohle weg: RAG-Stiftung verliert viele Millionen

Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen e. V. / Newsticker Nordrhein-Westfalen / Meldungen 14.02.2024, Jens Ammann

Die Essener RAG-Stiftung ist in den Strudel der Sigma-Insolvenzen des österreichischen Immobilieninvestors René Benko geraten. Nach übereinstimmenden Medienberichten muss die Stiftung ihre kompletten Investitionen in den insolventen Signa-Konzern abschreiben. Das sollen zwischen 180 und 350 Millionen Euro sein und somit zwischen ein und zwei Prozent des Gesamtvermögens der Stiftung. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Steuerzahler?

Als die RAG-Stiftung im Jahr 2007 gegründet wurde, hatte sie eine gewaltige Aufgabe übernommen. Sie sollte nicht nur in unternehmerischer Verantwortung den Ausstieg aus dem Anpassungsprozess im deutschen Steinkohlenbergbau bis Ende des Jahres 2018 bewältigen. Sie sollte auch die weitere Entwicklung des heutigen Evonik Konzerns sichern, also den „weißen“ Bereich der Ruhrkohle AG. In dem Umfang, wie es die Erfüllung ihrer Kernaufgabe erlaubt, sieht die Satzung der RAG-Stiftung ausdrücklich auch die Förderung von Bildung, Wissenschaft und Kultur im Zusammenhang mit dem deutschen Steinkohlenbergbau vor.

Die verantwortungsvolle Kernaufgabe ist zeitlich unbefristet. Und sie hat unmittelbare Konsequenzen für die Steuerzahler. Eine Mammutaufgabe. Die mit dem Kohleabbau verbundenen drei "Ewigkeitsaufgaben" in den ehemaligen Steinkohlenrevieren sind Mammutaufgaben:

1. Grubenwasserhaltung: Hunderte Meter unter der Erde, in den ehemaligen Grubengebäuden, steigt der Wasserspiegel durch Zufluss und Versickern von Regen- und Oberflächenwasser kontinuierlich an. Doch das salz- und eisenhaltige Wasser darf nicht mit dem Trinkwasser in Kontakt kommen. Deshalb wird es an zentralen Punkten gesammelt und abgepumpt.

2. Poldermaßnahmen: 200 Jahre Bergbau haben die Topografie ganzer Landstriche verändert. Manche haben sich bis zu 25 Meter abgesenkt.  Um diese vor Überflutungen zu schützen, bedarf es einer Vielzahl an Pumpwerken, Gewässervertiefungen oder Deichmaßnahmen.

3. Grundwasserreinigung: Ehemaliger Kokereien haben viele Schadstoffe hinterlassen, die nicht ins Trinkwasser gelangen dürfen. Dafür ist eine umfassende Flächensanierung notwendig. Doch Risiken müssen entdeckt werden, über geeignete Maßnahmen abzustellen und deren Wirksamkeit regelmäßig zu überprüfen. Und finden sie Verschmutzungen, werden die entsprechenden Wasserströme abgefangen und gereinigt.

Hohe Kosten
Derzeit werden die damit verbundenen Kosten auf jährlich rund 250 Millionen Euro veranschlagt. In 2019 mussten rund 300 Millionen Euro aufgewendet werden. Die RAG-Stiftung muss die dazu erforderlichen finanziellen Mittel erwirtschaften. Nur, wenn dies nicht in vollem Umfang gelingen sollte, springen Bund und Bergbauländer ein, also Nordrhein-Westfalen oder das Saarland. Mit anderen Worten: Laufen die Geschäfte schlecht, müssen die Steuerzahler ran. 2009 sagte der erste Vorsitzende des Gründungsvorstands, Bonse-Geuking, im Landtagsausschuss: „Die Stiftung sieht sich gewissermaßen als Treuhänderin der öffentlichen Hand.“

Haushalts- und Wirtschaftsführung
Im Stiftungskuratorium finden sich auch prominente Namen aus der Politik: Den Vorsitz hat Armin Laschet, geborene Mitglieder sind zum Beispiel NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst, Bundesfinanzminister Christian Lindner oder Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck. Deren Aufgabe ist unter anderem die Überwachung des Stiftungsvorstandes bei der Führung der Geschäfte. Sie kontrollieren die Haushalts- und Wirtschaftsführung unter Einschaltung einer angesehenen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.
Die Erfolge der Beteiligungen sind das A und O für die Finanzierung der Aufgaben. Zur langfristigen Absicherung setzt die Stiftung auf eine breite Risikostreuung des Stiftungsvermögens. Das sind strategischen Beteiligungen an Evonik Industries AG, Vivawest GmbH und RSBG SE und sonstigen Beteiligungen sowie einer breit diversifizierten globalen Kapitalanlage in Aktien, Anleihen, Fonds, Mittelstands- und Immobilienbeteiligungen. Die Stiftung agiert weltweit. Gemäß § 3 Absatz 6 der Satzung ist das Vermögen der RAG-Stiftung so anzulegen, dass möglichst große Sicherheit und Rentabilität erreicht wird. Bei der Signa-Beteiligung ist offensichtlich die Sicherheit in den Hintergrund geraten.

Kuratorium
Für ihre Verpflichtungen gegenüber der RAG zur Finanzierung der Ewigkeitslasten wies die RAG-Stiftung zum 31. Dezember 2022 eine Rückstellung von knapp 9 Milliarden Euro aus. Die Benko-Pleite wird also nicht auch noch über die RAG teuer für die Steuerzahler. Die Frage, die aufgeworfen werden muss, ist die der Achtsamkeit des Kuratoriums. Es zeigt sich nun, dass hochrangigen Ämter wie aktive und ehemalige Minister, nicht zwingend mit den Kompetenzen einhergehen, die bestmöglich vor Fehlinvestitionen schützen. René Benko hat viele Menschen geblendet, wohl auch die RAG-Stiftung. Die muss deshalb zukünftig ihre Beteiligungen mit ökonomischem Sachverstand und nüchterner betriebswirtschaftlicher Betrachtung vornehmen. Verkürzt gesagt: Mehr BWL statt Benko.

Steuerzahler
Für die Steuerzahler beinhaltet das auch, einmal getroffene Anlageentscheidungen regelmäßig zu kontrollieren und bei Bedarf zu verändern. Und sollte es zutreffen, dass in die Signa-Aufsichtsräte entsandte Vertreter der RAG-Stiftung an den Signa-Hauptversammlungen regelmäßig nicht teilgenommen haben und sich selbst noch im Jahr 2023 – als sich die Signa-Krise längst abzeichnete – durch engste Benko-Vertraute vertreten ließen, fügt sich mehr und mehr ein Bild zusammen, dass diese Kontrolle im Falle der Signa-Beteiligungen versagt hat. Steuerzahler können von „der Treuhänderin der öffentlichen Hand“ mehr erwarten.
 

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