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DSi Impuls Nr. 51: Haushaltsüberwachung stärken - Wirksamkeit von Schuldenregeln sicherstellen
Der Stabilitätsrat hat in seiner Sitzung vom 7. Oktober 2025 eine gesamtstaatliche Fiskalprojektion für die Jahre 2025 bis 2029 vorgelegt. Darin werden nicht nur die Auswirkungen der massiven Schuldenpolitik der Bundesregierung deutlich. Die Projektion steht exemplarisch auch für Überwachungsdefizite im aktuellen Schuldenregime.
DSi-Diagnose
Die Projektion setzt an drei Indikatoren an: dem Finanzierungssaldo, der Schuldenstandsquote und dem Nettoausgabenpfad. Sowohl was den Finanzierungssaldo als auch die Schuldenstandsquote angeht, reißt Deutschland die von den EU-Fiskalregeln vorgegebenen Grenzwerte von 3 bzw. 60 Prozent des BIP. Das Defizit wird 2029 rund 4 Prozent des BIP betragen, die Schuldenstandsquote nahezu 80 Prozent. Mit anderen Worten: Deutschland ist dabei, seine Vorbildfunktion als fiskalischer Stabilitätsanker der EU aufzugeben.
Der Nettoausgabenpfad ist ein komplexer und auf einer Vielzahl von Annahmen basierender Indikator. Hier erwartet Deutschland nach einem – planmäßig vom Sonderschuldentopf „Infrastruktur und Klimaneutralität“ sowie der Bereichsausnahme ausgelösten – starken Wachstum von 4,5 Prozent im Jahr 2026 einen kontinuierlichen Rückgang bis 2029 auf 1,6 Prozent gegenüber den Nettoausgaben des jeweiligen Vorjahres.
Der Unabhängige Beirat beim Stabilitätsrat hat in seiner Stellungnahme deutliche Kritik an der Fiskalprojektion geübt. Die Potenzialwachstumsannahmen sind unrealistisch hoch. So wird im Rahmen des Nettoausgabenpfads sehr optimistisch von einer Verdreifachung des Potenzialwachstums von derzeit 0,3 Prozent auf 0,9 Prozent ausgegangen.
Zudem wird der vielzitierte Handlungsbedarf von 170 Mrd. Euro im Bundeshaushalt durch globale Minderausgaben in der Projektion nivelliert, ohne dass dies mit konkreten politischen Maßnahmen unterfüttert wird.
DSi-Forderung
Folglich ist die Projektion der Bundesregierung durch Schönrechnerei sowie einer Vielzahl von Annahmen und Planzahlen zu dem, was wünschenswert ist, geprägt. Unter diesen Voraussetzungen, so auch die Schlussfolgerung des Unabhängigen Beirats, kann der Stabilitätsrat seiner Aufgabe, die Einhaltung der Schuldenregel zu überwachen, nicht nachkommen. Demgegenüber verfügen andere europäische Länder über unabhängige Institutionen zur Fiskal-Überwachung, die eigene Projektionen der Ausgabenpfade und Schuldenquoten- sowie Defizitentwicklungen anstellen. Projektionen, die auf Fortschreibungen des Status quo basieren und daher ein realistischeres Bild davon zeichnen, wie sich die öffentlichen Finanzen im gegebenen Umfeld entwickeln. Die deutschen Projektionen sind hingegen, wie die derzeitige Schulden- und Subventionspolitik insgesamt, stark von einer „Wünsch dir was“-Mentalität geprägt.
Die notwendige Reform der aktuellen Schuldenregel muss eine Stärkung der unabhängigen Überwachung mitbedenken. Nur so kann die Wirksamkeit der Regel auch im Vollzug sichergestellt werden.
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