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Dunkelhäutigen Kollegen mit «Ugah, Ugah!» betitelt: Kündigung rechtens

26.11.2020

Einem Arbeitnehmer, der einen dunkelhäutigen Kollegen in einer kontrovers ablaufenden Betriebsratssitzung mit den Worten "Ugah, Ugah!" betitelt hatte, durfte gekündigt werden. Die entsprechenden Entscheidungen der Arbeitsgerichte hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) jetzt bestätigt. Es hat die Verfassungsbeschwerde des Gekündigten, der sich auf seine Meinungsfreiheit aus Artikel 5 Absatz 1 Grundgesetz (GG) berufen hatte, gegen die arbeitsgerichtlichen Entscheidungen nicht zur Entscheidung angenommen.

Der Beschwerdeführer war Betriebsratsmitglied. Im Rahmen einer Auseinandersetzung während einer Betriebsratssitzung über den Umgang mit einem EDV-System betitelte er seinen dunkelhäutigen Kollegen mit den Worten "Ugah, Ugah! ", der ihn wiederum als "Stricher" bezeichnete. Auch aufgrund dieses Vorfalls erhielt der Beschwerdeführer eine außerordentliche Kündigung seines Arbeitsverhältnisses. Die Gerichte für Arbeitssachen erachteten diese nach umfänglicher Beweisaufnahme auch aufgrund einer einschlägigen vorhergehenden Abmahnung, die aber nicht zu einer Änderung seines Verhaltens geführt hatte, als rechtmäßig.

Der Beschwerdeführer rügte mit seiner Verfassungsbeschwerde unter anderem, dass die Gerichte sein Recht auf Meinungsfreiheit verletzten, indem sie die Kündigung für rechtmäßig erachteten. Sie hätten seine Grundrechte gegenüber dem Kündigungsinteresse der Arbeitgeberin nicht abgewogen. Man dürfe ihm keine rassistische Einstellung vorwerfen.

Die Verfassungsbeschwerde sei mangels hinreichender Begründung unzulässig; sie wäre aber auch unbegründet, führt das BVerfG aus. Die angegriffenen Entscheidungen der Arbeitsgerichte hätten die Wertungen, die sich aus Artikel 5 Absatz 1 GG (Meinungsfreiheit) sowie aus Artikel 1 GG (Menschenwürde) und Artikel 3 Absatz 3 Satz 1 GG (Diskriminierungsverbot) ergeben, nicht verkannt. Sie verletzen den Beschwerdeführer nicht in seinem Grundrecht aus Artikel 5 Absatz 1 GG.

Die Einschränkung der Meinungsfreiheit durch die arbeitsgerichtliche Bestätigung der Kündigung sei verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Zutreffend sei die konkrete Situation als maßgeblich angesehen worden, in der ein Mensch mit dunkler Hautfarbe direkt mit nachgeahmten Affenlauten adressiert wird. Der Schluss, dass aufgrund der Verbindung zu einem nach § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verpönten Merkmal keine nur derbe Beleidigung vorliege, sondern die Äußerung fundamental herabwürdigend sei, sei auch im Lichte von Artikel 3 Absatz 3 Satz 1 GG, der sich gegen rassistische Diskriminierung wendet, nicht zu beanstanden, so das BVerfG.

Das Grundrecht der Meinungsfreiheit erfordere im Normalfall eine Abwägung zwischen drohenden Beeinträchtigungen der persönlichen Ehre und der Meinungsfreiheit. Die Meinungsfreiheit trete aber jedenfalls zurück, wenn herabsetzende Äußerungen die Menschenwürde antasten oder sich als Formalbeleidigung oder Schmähung darstellen. Das hätten die Gerichte hier in Anwendung des Kündigungsschutzrechts nicht verkannt. Sie stützen sich auf §§ 104, 75 Absatz 1 Betriebsverfassungsgesetz und §§ 1, 7, 12 AGG, in denen die verfassungsrechtlichen Wertungen der Unantastbarkeit der Menschenwürde und des Diskriminierungsverbots ihren Niederschlag finden. Sie begründeten ausführlich, dass und warum es sich um menschenverachtende Diskriminierung handelt. Danach werde die Menschenwürde angetastet, wenn eine Person nicht als Mensch, sondern als Affe adressiert wird, und damit das in Artikel 3 Absatz 3 Satz 1 GG ausdrücklich normierte Recht auf Anerkennung als Gleiche unabhängig von der "Rasse" verletzt wird. Diese Wertung sei ebenso wie die im Rahmen der fristlosen Kündigung nach § 626 Absatz 1 BGB geforderte Gesamtwürdigung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

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