Wertberichtigung bei Forderungen - Nr. 44
Sozialversicherungspflichtig oder nicht - Nr. 82
Der gute Zweck heiligt nicht die Mittel
Steuerzahlerbund kritisiert geplante Verfassungsänderung zur kommunalen Entschuldung
Die Landtagsfraktionen von SPD, Grünen, FDP, CDU und Freien Wähler haben eine gemeinsame Verfassungsänderung angekündigt. So soll ein neuer Passus die Übernahme kommunaler Kassenkredite in Milliardenhöhe durch das Land Rheinland-Pfalz erlauben, ohne die Schuldenbremse zu verletzten. Aus Sicht des BdSt ist das ein verfassungsrechtlich höchst zweifelhaftes Projekt. Die Ausnahmen von der Schuldenbremse sind im Grundgesetz definiert – die Übernahme kommunaler Schulden gehört nicht dazu. Wenn ein Landtag beliebig neue Ausnahmen erfinden könnte, wäre die Schuldenbremse letztlich ausgehebelt.
„Seit rund 13 Jahren sind die Kommunen in Rheinland-Pfalz Opfer verfassungswidriger Finanzausgleiche geworden. Ein großer Teil der heute bestehenden kommunalen Kassenkredite lässt sich auf diese fatale Landespolitik zurückführen. Deswegen stand und steht der Steuerzahlerbund stets an der Seite unserer Kommunen, wenn es darum geht, dass sich Rheinland-Pfalz seiner Verantwortung stellt und an einer Altlastenlösung mit Eigenmitteln beteiligt“, erklärt René Quante, Geschäftsführer des BdSt Rheinland-Pfalz. „Allerdings heiligt der gute Zweck nicht die Mittel! Dass die Schuldenbremse dafür per Verfassungsänderung faktisch einmal außer Kraft gesetzt werden soll, damit Rheinland-Pfalz rund drei Milliarden Euro an Krediten übernehmen kann, ist politisch falsch und verfassungsrechtlich höchst zweifelhaft.“
Der BdSt Rheinland-Pfalz verweist darauf, dass das Grundgesetz die Ausnahmemöglichkeiten für die Bundesländer vorgibt. „Kredite aus konjunkturellen Gründen sowie bei Naturkatastrophen und außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen, sind möglich und völlig legitim. Nichts davon deckt aber eine milliardenschwere Übernahme kommunaler Schulden durch ein Land ab“, kritisiert Quante. „Offenbar denken die Fraktionen, dass der Landtag ein Ausnahmefindungsrecht hätte, wenn ihnen die Vorgaben des Grundgesetzes nicht passen. Doch wenn es so wäre, was wäre die Schuldenbremse dann noch wert? Wenn eine große Landtagsmehrheit nach Belieben für politische Projekte bestimmen könnte, dass die Schuldenbremse plötzlich nicht anzuwenden ist, wäre sie letztlich wertlos. In 2022 würde die Schuldenbremse für die kommunale Entschuldung außer Kraft gesetzt, in 2023 vielleicht für Klimaschutz-Ausgaben und 2024 womöglich für die Pensionslasten.“
Auch die offizielle Erklärung der Fraktionen, dass übernommene Schulden für das Land keine Einnahmen aus Krediten darstellen würden, überzeugt den Steuerzahlerbund nicht. „Die Schuldenbremse des Grundgesetzes mit Wortklauberei überlisten zu wollen, stellt keine nachhaltige Haushaltspolitik dar. Denn für übernommene Kredite sind freilich Zins und Tilgung zu leisten. Werden diese Kredite nicht komplett getilgt, erfolgt eine Umschuldung durch neue Kredite“, so der BdSt-Geschäftsführer. „Nach der politischen Logik der Fraktionen wären eigentlich alle Landeskredite, dessen Einnahmen an Dritte fließen, theoretisch mit der Schuldenbremse vereinbar. Das träfe auf alle Zuschüsse und Zuwendungen des Landes Rheinland-Pfalz zu, solange sich nur eine breite Landtagsmehrheit zur Umdeklaration finden ließe. Das wäre wirklich eine historische Neuinterpretation der Schuldenbremse.“
Aus Sicht des Steuerzahlerbundes bieten sich alternative Finanzierungsmodelle an, ohne die Landesverfassung zu ändern. „Die Übernahme der anvisierten drei Milliarden Euro an Kassenkrediten durch das Land ließe sich zeitlich auch über mehrere Jahre verteilen, ohne mit der Schuldenbremse in Konflikt zu kommen. Dafür ließen sich Steuereinnahmen und die Landesrücklagen in Anspruch nehmen“, schlägt Quante vor. „Wenn die Kommunen endlich einen fairen und auskömmlichen Finanzausgleich erhalten, dann würde gleichfalls dafür Sorge getragen, dass sich das Schuldenproblem künftig nicht weiter vergrößert.“