Kurz berichtet … Aus der Arbeit des Bundes der Steuerzahler Mecklenburg-Vorpommern
Artikeldienst 6/2021
Steuertipps Mai 2021
Hier finden Sie unsere Tipps rund ums Thema Steuern
- Steuerliche Forschungsförderung: Antrag auf Forschungszulage jetzt möglich
- Elektronische Übermittlung einer E-Bilanz kann unzumutbar sein
- Eröffnung des Insolvenzverfahrens: Steuerlicher Wertverlust von Aktien
- Unterbringung in Pflege-WG: Kosten mindern Einkommensteuer
- Umsatzsteuer: Neues zum One-Stop-Shop-Verfahren
Steuerliche Forschungsförderung: Antrag auf Forschungszulage jetzt möglich
Seit dem 01.04.2021 können forschende Unternehmen in Deutschland beim Finanzamt einen Antrag auf Forschungszulage stellen. Die Zulage können sie selbst über das Portal "Mein ELSTER" beziehungsweise über den Steuerberater beantragen. Dies teilt der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) mit.
Wer von der Forschungszulage profitieren möchte, müsse zunächst eine Bescheinigung darüber vorlegen, dass das Unternehmen ein förderfähiges Forschungsvorhaben im Sinne des Forschungszulagengesetzes durchführt. Diese Bescheinigung erhielten die Unternehmen bei der so genannten Bescheinigungsstelle Forschungszulage – mittels eines vollständig digitalisierten Verfahrens über deren Website.
Forschende Unternehmen haben laut DIHK einen Anspruch auf eine Zulage in Höhe von 25 Prozent ihrer Lohnkosten für die Mitarbeiter, die mit dem jeweiligen Forschungsvorhaben betraut sind. Auch die Auftragsforschung werde gefördert – und zwar mit 25 Prozent bezogen auf 60 Prozent der Auftragssumme. Gerade kleinere Unternehmen und solche ohne eigene Forschungsabteilung sollten dadurch einen Anreiz zum Einstieg in Forschung und Entwicklung (FuE) erhalten. Maximal könnten Kosten in Höhe von zwei Millionen Euro angegeben werden – mit einer maximalen Forschungszulage von 500.000 Euro jährlich. Für die Zeit vom 01.07.2020 bis zum 30.06.2026 betrage die maximale Bemessungsgrundlage sogar vier Millionen Euro jährlich, wodurch ein Steuerbonus von bis zu einer Million Euro pro Jahr möglich sei.
Zwar müssten dem Finanzamt bei der Beantragung der Forschungszulage keine Belege beigefügt werden, so der DIHK weiter. Es sei aber mit Blick auf mögliche Betriebsprüfungen sehr ratsam, aufgewendete Stunden für eingereichte FuE-Vorhaben zu dokumentieren. Für die Dokumentation der förderfähigen Personalkosten habe das Bundesfinanzministerium einen Muster-Stundenzettel veröffentlicht. Dort finde sich auch eine ausführliche FAQ-Liste mit hilfreichen Antworten. Dazu zähle zum Beispiel der Hinweis, dass im Antrag beim Finanzamt das jeweilige Forschungsvorhaben so bezeichnet sein sollte, wie beim Antrag bei der Bescheinigungsstelle. Dies mache es der Finanzverwaltung leichter, die ihr übermittelten Daten zuzuordnen.
Die Forschungszulage werde nicht gesondert ausgezahlt, sondern mit der nächsten Einkommen- beziehungsweise Körperschaftsteuer verrechnet. Daher sei es hilfreich, den Antrag auf Forschungszulage möglichst zeitnah und idealerweise vor der Abgabe der Steuererklärung zu stellen. Ergebe die Steuerklärung einen Verlust, werde die Forschungszulage ausgezahlt. Das dürfte nach Einschätzung des DIHK nicht zuletzt für forschungsaffine Start-ups oder Unternehmen von Interesse sein.
Die steuerliche Forschungsförderung stelle einen wichtigen Baustein in der Innovationsförderung in Deutschland dar – in Ergänzung zur bewährten Projektförderung, betont der DIHK. Deshalb greife die Forschungszulage auch nur, wenn die Personalkosten eines Forschungsvorhabens nicht im Rahmen anderer Förderungen unterstützt werden. Es sollte deshalb – gegebenenfalls gemeinsam mit dem Steuerberater – geklärt werden, dass sich keine Doppelförderung ergibt.
Deutscher Industrie- und Handelskammertag, PM vom 08.04.2021
Elektronische Übermittlung einer E-Bilanz kann unzumutbar sein
Die Erstellung und die Übermittlung einer Bilanz in elektronischer Form sind für Kleinstbetriebe wirtschaftlich unzumutbar, wenn hierdurch ein erheblicher finanzieller Aufwand verursacht wird. Dies hat das Finanzgericht (FG) Münster entschieden.
Die Klägerin ist eine GmbH, die Dienstleistungen in verschiedenen Bereichen erbringt. Einen Steuerberater nimmt sie für die Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten nicht in Anspruch. Für das Jahr 2015 übermittelte die Klägerin ihre Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung elektronisch an das Finanzamt und verwendete hierfür ein Computerprogramm, das vom Bundesanzeiger Verlag angeboten wird. Ihr Umsatz betrug für dieses Jahr circa 70.000 Euro und der Gewinn circa 300 Euro.
Für 2016 beantragte die Klägerin beim Finanzamt die Befreiung von der elektronischen Übermittlungspflicht und führte zur Begründung aus, dass die von ihr für die laufende Buchführung angeschaffte Buchhaltungssoftware nicht mit den Vorgaben der Finanzverwaltung für die elektronische Erstellung und Übermittlung einer Bilanz kompatibel sei. Die Inanspruchnahme eines Steuerberaters zur Erstellung der E-Bilanz würde jährlich mehr als 2.000 Euro kosten. Die Umstellung der Software würde jährliche Mehrkosten von 267 Euro sowie einen jährlichen Arbeitsmehraufwand von 60 Stunden verursachen. Für die Erstellung der elektronischen Bilanz für 2015 habe der Geschäftsführer insgesamt vier Arbeitstage benötigt. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab und führte im Wesentlichen die Vorteile der Finanzverwaltung an, die sich aus der automatisierten Überprüfung der E-Bilanz ergäben.
Die Klage hatte Erfolg. Die Klägerin habe einen Anspruch darauf, dass das Finanzamt auf eine elektronische Übermittlung der Bilanz verzichtet, so das FG. Denn dies sei für sie wirtschaftlich unzumutbar im Sinne der Härtefallregelung (§ 5b Absatz 2 Satz 2 Einkommensteuergesetz – EStG – in Verbindung mit § 150 Absatz 8 Abgabenordnung). Die Klägerin habe keinen Steuerberater und verfüge selbst nicht über die erforderliche technische Ausstattung. Das von ihr im Jahr 2010 für die laufende Buchführung angeschaffte Computerprogramm generiere zwar einen zum Ausdruck bestimmten Jahresabschluss sowie eine Gewinn- und Verlustrechnung. Es verfüge aber nicht über den für die nach § 5b EStG zur elektronischen Datenübermittlung erforderlichen Standard.
Die Schaffung der technischen Möglichkeiten wäre für die Klägerin nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich. Dies gelte sowohl für die Beauftragung eines Steuerberaters als auch für die Anschaffung eines neuen Buchführungsprogramms zuzüglich des eigenen Zeitaufwands des Geschäftsführers. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin angesichts ihrer Umsatz- und Gewinnzahlen als Kleinstbetrieb anzusehen sei, der vom Gesetzgeber mit der Härtefallregelung geschützt werden solle. Diese Regelung sei großzügig in dem Sinne auszulegen, dass wirtschaftliche Zumutbarkeit nicht mit wirtschaftlicher Leistbarkeit gleichzusetzen sei.
Finanzgericht Münster, Urteil vom 28.01.2021, 5 K 436/20 AO
Eröffnung des Insolvenzverfahrens: Steuerlicher Wertverlust von Aktien
Erlischt das Mitgliedschaftsrecht des Aktionärs einer inländischen Aktiengesellschaft (AG), weil diese infolge einer Insolvenz aufgelöst, abgewickelt und im Register gelöscht wird, entsteht dem Aktionär ein steuerbarer Verlust, wenn er seine Einlage ganz oder teilweise nicht zurückerhält. Werden solche Aktien schon vor der Löschung der AG im Register durch die depotführende Bank aus dem Depot des Aktionärs ausgebucht, entsteht der Verlust bereits im Zeitpunkt der Ausbuchung. Von einer Verlustentstehung kann aber nicht bereits zu einem Zeitpunkt ausgegangen werden, zu dem mit einer Auskehrung von Vermögen im Rahmen der Schlussverteilung des Vermögens der AG objektiv nicht mehr rechnen ist oder die Notierung der Aktien an der Börse eingestellt oder deren Börsenzulassung widerrufen wird. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden.
Der Kläger und Revisionskläger hatte 2009 Aktien an einer börsennotierten inländischen AG erworben, die in einem Depot verwahrt wurden. Er war an der AG zu weniger als einem Prozent beteiligt. Die Aktien waren Bestandteil seines steuerlichen Privatvermögens. Über das Vermögen der AG wurde 2012 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Aktien wurden zum 31.12.2013 im Depot des Klägers noch mit einem Stückpreis ausgewiesen. Er wollte im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr 2013 einen Totalverlust aus dem Investment mit Aktienveräußerungsgewinnen verrechnen, die er im Streitjahr erzielt hatte. Finanzamt und Finanzgericht lehnten die begehrte Verrechnung ab.
Der BFH stimmte dem im Ergebnis zu und wies die Revision des Klägers als unbegründet zurück. Er entschied, § 20 Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) und § 20 Absatz 2 Satz 2 EStG in der im Streitjahr anzuwendenden Fassung enthielten eine planwidrige Lücke, da das Gesetz weder für den Fall des rechtlichen Untergangs inländischer Aktien aufgrund einer insolvenzbedingten Löschung noch für deren Ausbuchung aus dem Depot durch die depotführende Bank einen Realisationstatbestand vorsehe. Auf diese Vorgänge sei der Veräußerungstatbestand gemäß § 20 Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 EStG entsprechend anzuwenden. Ein steuerbarer Verlust entstehe für den Aktionär aber erst, wenn er aufgrund des rechtlichen Untergangs seines Mitgliedschaftsrechts oder der Ausbuchung der Aktien aus dem Depot einen endgültigen Rechtsverlust erleide. Im Streitjahr 2013 habe der Kläger zwar einen Wertverlust hinnehmen müssen. Dieser habe aber weder den Bestand seines Mitgliedschaftsrechts berührt noch seien die Aktien aus dem Depot des Klägers ausgebucht worden.
Die Entscheidung hat laut BFH Bedeutung für Aktien, die nach dem 31.12.2008 erworben worden sind und bei denen der Untergang des Mitgliedschaftsrechts oder die Depotausbuchung in den Veranlagungszeiträumen von 2009 bis einschließlich 2019 stattfindet. Für Veranlagungszeiträumen ab 2020 habe der Gesetzgeber in § 20 Absatz 6 Satz 6 EStG geregelt, dass Verluste aufgrund einer Ausbuchung wertloser Aktien und eines sonstigen Ausfalls von Aktien steuerbar sind und einer eigenständigen Verlustverrechnungsbeschränkung unterliegen. Da die vorherige gesetzliche Lücke geschlossen wurde, bedürfe es einer entsprechenden Anwendung des Veräußerungstatbestands aufgrund des rechtlichen Untergangs des Mitgliedschaftsrechts und bei einer Depotausbuchung ab dem Veranlagungszeitraum 2020 nicht mehr.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 17.11.2020, VIII R 20/18
Unterbringung in Pflege-WG: Kosten mindern Einkommensteuer
Aufwendungen für die Unterbringung in einer Pflege-WG sind steuermindernde außergewöhnliche Belastungen. Dies hat der das Finanzgericht (FG) Köln entschieden.
Der 1965 geborene Kläger ist aufgrund eines Motorradunfalls schwerbehindert. Neben einem Grad der Behinderung von 100 weist sein Schwerbehindertenausweis die Merkzeichen G (erheblich gehbehindert), B (Begleitung bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nötig) und H (hilflos) aus. Er ist von der Pflegekasse in Pflegegrad 4 (schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit) eingestuft.
Der Kläger machte in seiner Einkommensteuererklärung Miet- und Verpflegungskosten für seine Unterbringung in einer Pflege-WG als außergewöhnliche Belastungen geltend. Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung ab. Der Kläger sei nicht in einem Heim, sondern in einer Wohngemeinschaft mit Betreuungsleistungen im Sinne des § 24 Wohn- und Teilhabegesetz Nordrhein-Westfalen untergebracht.
Dem folgte das FG Köln nicht und berücksichtigte die Kosten abzüglich einer Haushaltsersparnis als außergewöhnliche Belastungen. Die Unterbringung eines Menschen im arbeitsfähigen Alter in einer Pflege-WG sei außergewöhnlich. Auch sei kein Unterschied zwischen den verschiedenen, vom Gesetzgeber gleichermaßen anerkannten Formen der Unterbringung pflegebedürftiger Menschen ersichtlich.
Das Finanzamt hat die vom FG zugelassene Revision eingelegt, die unter dem Aktenzeichen VI R 40/20 beim Bundesfinanzhof anhängig ist.
Finanzgericht Köln, Urteil vom 30.09.2020, 3 K 1858/18, nicht rechtskräftig
Umsatzsteuer: Neues zum One-Stop-Shop-Verfahren
Aus umsatzsteuerlichen Versandhandelsumsätzen werden zum 01.07.2021 so genannte Fernverkäufe. An die Stelle der nationalen Lieferschwellen tritt eine europaweit einheitliche Geringfügigkeitsschwelle von 10.000 Euro. Unternehmer können ihre im EU-Ausland steuerpflichtigen Fernverkäufe über den so genannten One-Stop-Shop melden. Die Teilnahme an diesem Verfahren können Unternehmer seit dem 01.04.2021 beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) beantragen. Dies teilt der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) mit.
Am 01.07.2021 werde die derzeitige so genannte Versandhandelsregelung werde durch die Fernverkaufsregelung abgelöst. Damit einhergehend fielen die bislang geltenden länderspezifischen Lieferschwellen weg, erläutert der DStV. Diese hätten bislang zur Folge gehabt, dass sich gerade kleine und mittlere Unternehmen bei geringen Auslandsumsätzen im Ausland nicht umsatzsteuerlich registrieren mussten.
Der Steuerrechtsausschusses des DStV habe sich in seiner Sitzung am 19.03.2021 mit der neuen Fernverkaufsregelung befasst und gebe einen Überblick über einige wichtige Punkte:
Bei Fernverkäufen im B2C-Bereich gelte künftig, dass sich der Ort der Lieferung dort befindet, wo sich der Gegenstand bei Transportende befindet. Voraussetzung sei, der liefernde Unternehmer die EU-einheitliche Geringfügigkeitsschwelle von 10.000 Euro überschritten oder auf deren Anwendung verzichtet habe. Dies dürfte nach Ansicht des DStV dazu führen, dass mehr Unternehmer als bislang im Ausland Umsätze versteuern müssen. Um dies zu erleichtern, könnten Unternehmer das neue besondere Besteuerungsverfahren, den so genannten One-Stop-Shop (OSS), nutzen.
Der Ausschuss macht im Zusammenhang mit der Anmeldung zur Teilnahme am OSS auf die Pressemitteilung des BZSt aufmerksam: Die Teilnahme am besonderen Besteuerungsverfahren könne seit dem 01.04.2021 mit Wirkung zum 01.07.2021 elektronisch über das BZSt-Online-Portal (BOP) beantragt werden. Unternehmer, die bereits den so genannten Mini-One-Stop-Shop nutzen, müssten sich nicht erneut registrieren. Für die Sonderregelungen registrierte Unternehmer könnten im jeweiligen Bereich des BOP ihre Registrierungsdaten ändern, ihre Steuererklärung abgeben und berichtigen sowie sich vom Verfahren abmelden. Ausführlichere Informationen sollen laut DStV in Kürze auf der Homepage des BZSt veröffentlicht werden.
Das Bundesfinanzministerium (BMF) habe zwischenzeitlich auch das finale Schreiben zur zweiten Stufe des Mehrwertsteuer-Digitalpakets veröffentlicht. Dieses stelle klar, dass die neue Geringfügigkeitsschwelle von 10.000 Euro im Kalenderjahr 2021 nicht zeitanteilig aufzuteilen ist. Der DStV begrüßt diese Klarstellung.
Besonders aufpassen sollten Online-Händler, die umsatzsteuerlich als Kleinunternehmer gelten, rät der Steuerberaterverband. Überschreiten sie die neue EU-weite einheitliche Lieferschwelle in Höhe von 10.000 Euro, könnten sie Meldepflichten im Ausland treffen. Sie sollten daher bereits jetzt prüfen, ob eine Teilnahme am OSS-Verfahren für sie in Frage kommt.
Deutscher Steuerberaterverband e.V., PM vom 07.04.2021